Mittwoch, 26. Mai 2021

Cefrisch bei Tante Erna

Ich kann mich noch erinnern, dass meine Mutter mich Ende der 1970er ab und zu mal mitgenommen hat zu einem Besuch bei einer alten Dame (für mich waren damals alle über 35 "alt") in der Ziegelstraße in Werther. Diese "alte Dame" kannte ich als "Tante Erna". Die Ziegelstraße war nicht weit von uns, Luftlinie vielleicht 150 Meter. 

Worüber sich meine Mutter und Tante Erna unterhielten, interessierte mich damals eigentlich nicht besonders. Kein Wunder, ich war damals so zwischen 4 und 6, und "Erwachsenenkram" findet man in dem Alter ja einfach nur langweilig. Ich freute mich immer, dass es bei Tante Erna Cefrisch gab, denn zu Hause hatten wir es nicht.

Kennt jemand noch Cefrisch? 

gefunden bei www.erinnerstdudich.de

Man rührte Pulver in ein Glas Wasser und hatte dann etwas, das Orangensaft entfernt ähnelte. Je nach Konzentration nur viel süßer. Oder man ließ das Wasser weg und schleckte einfach nur das Pulver von einem Löffel... 

An den Geschmack kann ich mich auch heute noch erinnern, obwohl Cefrisch schon vor Jahrzehnten vom Markt verschwunden ist. Warum eigentlich? 

Tante Erna hatte Cefrisch immer im Glas, und wir saßen an ihrem Küchentisch. 

Damals hatte ich keine Ahnung, wer Tante Erna denn überhaupt war. Kein Wunder, damals nannte man ja quasi jeden Erwachsenen, mit dem man es zu tun hatte, "Tante" oder "Onkel", egal ob verwandt oder nicht. Erst Jahrzehnte später, als ich mit der Familienforschung anfing, ging mir ein Licht auf, und ich staunte nicht schlecht: 

"Tante" Erna war die zweite Frau meines Großvaters Hermann Schwentker gewesen. Weil Opa Hermann aber schon längst tot war, als ich zur Welt kam, habe ich sie nie als "Stiefgroßmutter", was sie ja technisch war, wahrgenommen. Außerdem habe ich sie ja auch nicht ständig gesehen, sondern halt nur ab und an. "Oma und Opa" waren (und sind) deshalb für mich immer noch die Eltern meiner Mutter, Martha und Wilhelm Sickendiek aus Halle (bzw. Hörste), die ständig präsent waren. Außerdem war Tante Erna vor der - auch noch ziemlich kurzen - Ehe mit Hermann auch schon einmal verheiratet gewesen und hatte selbst Familie. Und - nur der Vollständigkeit halber: Sooo alt war Tante Erna damals auch noch nicht - sie war in ihren 60ern. 

Im Laufe der Zeit wurden die Besuche seltener und schliefen dann irgendwann ganz ein. 

Erna ist 1995 gestorben. Schade, ich hätte sie eigentlich gerne über meinen Opa Hermann ausgefragt. 


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