Dienstag, 9. Juni 2020

Großonkels Sterbeeintrag

Das hier ist der Sterbeeintrag meines Großonkels Helmut Gehring. Standesamt Werther, Nr. 71/1943.

Der war mir so wichtig, dass ich ihn mir abfotografiert habe, als ich ihn letzte Woche im Archiv fand. Vor der coronabedingten Archivschließung war ich bei den Sterberegistern ja nur bis 1942 gekommen, und da war dieses Schätzchen hier noch nicht dabei, obwohl ich das Sterbedatum (15.07.1942) ja schon kannte. Ich musste mich also ein bisschen gedulden.

Erstaunlich finde ich Helmuts Sterbeeort:

"1,5 km westlich Solchose links der Straße (östlicher Kriegsschauplatz)". 

Ähem. Da ist wohl ein Fehler passiert, in Kombination mit einer einer Auslassung. Einen Ort namens "Solchose" gab es auf dem "östlichen Kriegsschauplatz" (wussten die Nazis eigentlich selbst nicht, wie sie die Länder nennen sollten, in die sie gerade einfielen?) nicht, und wenn ich mich nicht irre, auch sonst nirgendwo. Da sind wohl die "Kolchose" und die "Sowchose" irgendwie ineinandergerutscht... kann passieren. Trotzdem wird aber kein Ort genannt. Und Straßen und Kolchosen (und Sowchosen) gab es "im Osten" ja nun auch so einige... Ist aber auch egal, den Ort kannte ich ja schon aus dem Schreiben vom Volksbund.

Das war übrigens nicht Amtmann Ellerbrakes Schuld. Der hat nur abgeschrieben, was ihm gemeldet wurde, und zwar das hier:



Die Karteikarten stammen aus der Sammlung "Deutschland, im Kampf gefallene Soldaten, 1939 bis 1948", die im Mai bei ancestry hochgeladen wurde. Ich habe zwar selbst kein ancestry-Account, aber ein Forscherkollege aus den USA war so nett und hat mal für mich nachgeguckt (an dieser Stelle nochmal danke!). Er hat "meinen" Helmut Gehring auch direkt gefunden.

Ich nehme also mal an, dass man Herrn Ellerbrake nur die Informationen aus der unteren gelben Karte zur Verfügung gestellt hat.

Dass man in Berlin nicht unbedingt mit den westfälischen Ortsnamen vertraut war, zeigt sich übrigens daran, dass man Häger als zum "Kreis Haste" gehörend vermerkt. Nicht Haste - Halle!

Ich frage mich nur, warum der Eintrag im Sterberegister in Werther so spät erfolgte - rund elfeinhalb Monate nach Helmuts Tod. Lag es daran, dass die WASt (Wehrmachtsauskunftsstelle) wegen der vielen Toten komplett überfordert war? Oder hat man sich mit der Verwaltungsarbeit nicht gerade beeilt, um das "Deutsche Volk" nicht mit dem wahren Ausmaß dieses Angriffskrieges konfrontieren zu müssen? Die Nazis waren ja schließlich Meister der "fake news"... aber vielleicht war es auch eine Mischung aus beidem. Zu Hause in Werther war man auf jeden Fall schon im September 1942 informiert, denn ansonsten hätte meine Oma Anneliese (Helmuts Schwester) ihren Sohn nicht auch Helmut genannt, sondern Peter.

Falls da draußen jemand ist, der sich mit der Wehrmacht auskennt: Lässt sich aus den WASt-Karten irgendetwas ableiten, das mir verrät, wie Helmut in den hintersten Winkel der heutigen Ukraine kam? Und durch was er einen Volltreffer bekommen hat? 







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