Freitag, 2. Juni 2023

Geburt in der Wohnung der Hebamme?

Der Familienforschungsmuffel hat heute unsere Post entgegen genommen. Er war gerade zufällig draußen und stand mit einem Freund vor dessen (ehemaligem) gelben (Post-)Bulli, als der aktuelle Postbulli auf den Hof gefahren kam. Ja, unser Postbote war etwas irritiert... 

Minuten später stand der Familienforschungsmuffel dann auch grinsend vor mir: 

"Post vom Standesamt Aachen!"

Er weiß ja genau, was mich triggert... 

In der festen Überzeugung, dass das erstmal nur wieder der Gebührenbescheid sein konnte, schnappte ich mir also den Brieföffner (ja, ich habe tatsächlich noch so ein Gerät) und war baff erstaunt, als mir das hier quasi entgegen fiel: 

Der Geburtseintrag von Friedrich Wilhelm Schwartz, dem Großvater mütterlicherseits des Familienforschungsmuffels. Geboren am 10.11.1916 in Aachen. 

Wilhelms Vater war, wie ich wegen der Einträge in den einschlägigen Adressbüchern schon vermutet hatte, auch ein Wilhelm. Grubenarbeiter, wundert mich nicht. Auch Wilhelm war ja Bergmann. 

Bei Wilhelms Mutter musste ich dann doch etwas grinsen, nachdem ich ihren Namen dann entziffert hatte: Theresia Kuckelkorn

Der Name Kuckelkorn ist mir in den letzten Tagen schon öfter mal über den Weg gelaufen; er scheint im Rheinländischen ziemlich verbreitet zu sein. Außerdem klingt er in meinen ostwestfälischen Ohren so drollig, dass er mir einfach im Gedächtnis geblieben ist, als ich ihn zum ersten Mal gehört habe. Lustigerweise war das im ZDF: Es gab vor ein paar Jahren mal eine Serie mit einem alleinerziehenden Pfarrer mit diversen Söhnen in Bonn, und der Küster in dieser Serie hieß... richtig. Keine Ahnung, weshalb mein Gehirn solche Informationen abspeichert. Vielleicht, weil ich 2016 selbst öfter in Bonn zu tun hatte? Richtig drollig wurde es aber, als ich bei wikipedia darüber gestolpert bin, wo diese Serie gedreht wurde: In der Kartäuserkirche in Köln. Die hatte ich mir online nämlich mal angeguckt, weil Wolfram Gehring, der Cousin meiner Großmutter Anneliese über deren Onkel Heinrich, dort lange Jahre Organist war. Und nach dem, was ich online über ihn finde, auch ein richtig guter.  

Zurück zu Familie Schwartz

Nun stehe ich vor einem Problem. Ich weiß zwar nun, wer die Urgroßeltern des Familienforschungsmuffels waren, aber ich kenne weder ihre Geburts- und Sterbedaten noch das Heiratsdatum. Ich habe als allererstes mal die Sterbeeinträge von Kohlscheid und Bardenberg von 1916 bis 1937/38 auf der Seite des Landesarchivs NRW durchgeguckt, aber dort finde ich nichts, weder Wilhelm noch Theresia oder ein früh verstorbenes Kind der beiden, das mir geholfen hätte, meinen Suchradius etwas einzugrenzen. In Kohlscheid gibt es mit St. Katharina zwar eine schöne neoklassizistische Kirche, aber ihre Kirchenbücher sind bei matricula noch nicht online. Da muss ich mal sehen, wie es weitergeht. 

Außerdem grübele ich noch darüber, dass Wilhelm in Aachen geboren wurde, obwohl seine Eltern in Kohlscheid lebten. Der Geburtseintrag ist da sehr klar: "wohnhaft bei ihrem Ehemann in Kohlscheid, Kreis Aachen Land". Als Geburtsort des Kindes wird die Adresse der Hebamme Maria Licher genannt, nämlich die Jakobstraße 18 in Aachen. Google Maps verrät mir, dass die Jakobstraße in Aachen mitten in der Stadt am Markt und damit in direkter Nähe des Doms beginnt und dann quer durch die Altstadt nach Südwesten verläuft. Eine Nr. 18 kennt Google Maps heute zwar nicht mehr, aber es würde mich nicht wundern, wenn sich da in den letzten 107 Jahren etwas an der Numerierung geändert hätte, denn Aachen ist im 2. Weltkrieg ja nun nicht gerade verschont geblieben, im Gegenteil: Es gab fünf große Luftangriffe, die über 5.000 Häuser zerstört haben. Ich weiß noch, dass der Familienforschungsmuffel und ich vor 10 Jahren mal in Aachen waren und wir uns gewundert haben, dass es den Dom überhaupt noch gibt (in Köln erging es uns übrigens nicht anders). Ich gehe auch mal ganz stark davon aus, dass die Numerierung am Markt anfing und nicht am äußeren Ende der Straße. Demnach könnte man in Aachen nicht viel zentraler geboren sein als Wilhelm. 

Aber - warum? Warum bekam Theresia ihr Kind nicht zu Hause in Kohlscheid? 

Ich habe eine Theorie, die das erklären könnte: Wenn wir davon ausgehen, dass der Vater Wilhelm 1916 im "wehrfähigen" Alter war, ist es gut möglich, dass er zur Geburt seines Kindes gar nicht zu Hause war, sondern in irgendeinem Schützengraben lag. Vielleicht hat sich dann Theresia gedacht, dass sie ob dieser Situation auch woanders besser aufgehoben wäre als alleine zu Hause und ist vielleicht bei Verwandten in Aachen untergekommen? Vielleicht kam sie ja sogar aus Aachen? Aber selbst das würde nicht erklären, weshalb Wilhelm in der Wohnung der Hebamme zur Welt kam. Ich kenne es eigentlich eher so, dass auch damals schon die Hebamme zur Gebärenden kam und nicht umgekehrt. 

Ideen?

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