Dienstag, 28. August 2012

Wo starb Caspar Niemeyer? Und unter welchem Namen?

Einer meiner Ur-Ur-Ur-Urgroßväter war Caspar Heinrich Niemeyer aus Wallenbrück. Er war seit 1811 mit Anna Catharina Ilsabein Aufderheide verheiratet, und seine zweite Tochter Catharine Marie (geb. 1813) heiratete 1841 Hermann Heinrich Schwentker.

Was mich immer schon irritiert hatte: Ich habe alle Kirchenbücher durchgeguckt, aber von Caspar Heinrich keinen Sterbeeintrag gefunden, und zwar weder in Wallenbrück noch in Spenge noch in Werther, wo seine Tochter inzwischen wohnte.

Ein Stück weiter bin ich aber trotzdem gekommen.

Im Netz findet sich eine wunderbar hilfreiche Seite, nämlich


Sie befasst sich mit westfälischen Auswanderern - und davon gab es viele. Sehr viele.

Unter dem Unterpunkt "Auswanderer Kreis Herford" findet man eine 960 Seiten starke PDF-Liste mit diversen Informationen über Hunderte von Emigranten. Und einer davon ist oder besser war mein Ur-Ur-Ur-Uropa Caspar Heinrich Niemeyer aus Wallenbrück! Laut der Liste ist er im Jahr 1853 mit seinem Sohn Peter Heinrich und seiner Schwiegertochter Anne Margarethe Ilsabein Potthoff in die USA ausgewandert. Sein anderer Sohn Johann Heinrich folgte ein Jahr später mit seiner Frau Anne Marie Timmermann und fünf Kindern unter zwölf Jahren.

Gut, die Liste wurde in Deutschland erstellt. Aber war sie auch ein Beweis dafür, dass Caspar Heinrich Niemeyer auch tatsächlich in den USA angekommen war? Nein.

Ich suchte also weiter.

Bei ancestry wurde ich fündig:




Hier ist der Eintag aus der Passagierliste der "Helene", die von Bremen aus kommend am 27.12.1853 im Hafen von New Orleans, Louisiana einlief. Der erste Name ist - Casper Niemeier!

Das einzige, was nicht passt, ist sein Alter, das er mit 60 Jahren angegeben hat. Er ist nicht 1793 geboren, sondern schon ungefähr vier Jahre früher. Dass ich den richtigen "Casper Niemeier" erwischt habe, steht aber außer Frage, denn Peter Heinrich und seine Frau fuhren auf demselben Schiff.

Die Erklärung dürfte ganz einfach sein: Die USA waren ja nicht verpflichtet, jeden aufzunehmen, der auf einmal in einem ihrer Häfen auftauchte. Ich nehme deshalb an, dass Caspar bei seinem Alter ein paar Jahre "weggeschwindelt" hat, um das Risiko zu verringern, postwendend wieder zurückgeschickt zu werden.

So kamen also die Niemeiers nach Amerika. Der nächste Schritt wird nun sein, herauszufinden, wie es dort mit ihnen weiterging, denn das weiß ich bis jetzt noch nicht. Ich glaube nicht, dass sie in Louisiana geblieben sind; ich tippe eher darauf, dass sie den Mississippi hoch nach Norden gefahren sind. Viele Ostwestfalen gingen nach Missouri - die Niemeyers vielleicht auch. Schwierig ist es, weil ich nicht weiß, unter welchem Namen sie in den USA lebten, und es gibt ja Dutzende von Möglichkeiten, wie sie sich genannt haben könnten - die englische Aussprache macht es möglich...

Was ich aber weiß ist, dass ich einen Höllenrespekt vor Caspar habe - nämlich davor, dass er nicht einfach nur zu Hause geblieben ist, um darauf zu warten, dass bessere Zeiten kommen, sondern dass er in einem Alter, in dem andere sich selbst schon abgeschrieben haben, noch einmal einen Neuanfang wagte - und was für einen! Mitten im eisigen Dezember eingepfercht mit Dutzenden anderen über den riesigen Atlantik zu fahren, um in einem neuen Land noch einmal eine neue Existenz aufzubauen. Dazu gehört entweder großer Mut oder große Verzweifelung. Ich kann mir nur vorstellen, wie es war, einen Teil der Familie zurückzulassen, vor allem auch, weil Catharine Marie, die ja mit ihrer Familie in Werther geblieben war, gerade zum fünften Mal Mutter geworden war und er ja wahrscheinlich wusste, dass er sie und seine Enkel nie wiedersehen würde.

Ich hoffe aber für ihn, dass wenigstens auch ein kleiner Schuss Abenteuerlust dabei war und ich davon ein bisschen geerbt habe... was uns zu einer kleinen Ironie des Schicksals bringt: 1996, also genau 143 Jahre später, lief Caspars Ur-Ur-Ur-Urenkelin - also ich - durch New Orleans, ohne zu wissen, dass Caspar schon längst da gewesen war. Das war genau der Sommer, in dem ich mit der Familienforschung angefangen habe - ungefähr eine Woche vorher hatte ich mir vom Grabbeltisch im WalMart für ganz kleines Geld mein erstes Stammbaumprogramm gekauft. Ich war im Hafen von New Orleans und habe von dort aus eine Rundfahrt über den Mississippi gemacht, bei der ich mir einen wirklich fiesen Sonnenbrand geholt habe, nur um dann an die Stelle zurückzukehren, an der wir den Mietwagen geparkt hatten, der in der Zwischenzeit aber abgeschleppt worden war, weil er wohl zu nahe an einem Hydranten gestanden hatte. Aber das ist eine andere Geschichte...



Montag, 20. August 2012

Forschungstrip nach Sachsen-Anhalt und Brandenburg Teil 2: Spaziergang durch Burg

Um es vorwegzunehmen: Nach dem ersten Teil dieses kleinen Reiseberichts haben mich einige Leute gefragt, warum ich mich nicht auf sämtliche Zehenspitzen gestellt und einfach über das Tor hinüberfotografiert habe ("Sogar mit 1,62 m müsste sich das doch eigentlich machen lassen!"). Die einfache Antwort lautet: "Ich würde ja auch auch nicht wollen, dass das jemand bei mir macht!"

Abgesehen davon hatte ich keine Lust, uniformierten Freunden und Helfern erklären zu müssen, was ich denn da bitte schön treibe. Wie gesagt, die Schulstraße ist eine sehr enge und noch immer auch eine sehr bewohnte Straße. Ich konnte genau hören, welche Anwohner gerade die Tagesschau guckten. Die Wahrscheinlichkeit, dass, genau in dem Moment, in dem ich versuche, ein gutes (= nicht übermäßig verwackeltes) Foto zu bekommen, ein Nachbar aus seinem Fenster guckt, weil ihn die Berichterstattung über die Euro-Krise langsam nervt, war also nicht gerade gering.

Gut, das Haus schräg gegenüber wäre dabei wohl außen vor gewesen:


Es sah ja nun nicht gerade bewohnt aus. Aber immerhin war es noch da. Im Gegensatz zu Nummer 7. Grmpf.

Aber wie es im Osten eben (immer noch) ist: Hier findet man in ein und derselben Straße derart viele Kontraste, dass man gar nicht weiß, welches Haus man sich zuerst angucken soll. Und für den Familienforscher haben die oft immer noch nicht endgültig geklärten Eigentumsverhältnisse den großen Vorteil, dass es einfach einfacher ist, sich vorzustellen, wie es früher war... (in Farbe und bunt, und nicht nur in Sepia).

Geht man die Schulstraße weiter hoch, dann findet man zum Beispiel das hier...


... oder eben auch das hier:


Biegt man an dieser Ecke links ab, dann kommt man direkt zur Oberkirche "Unser lieben Frauen".



Fragen Sie mich bitte nicht, wer die gute alte deutsche Grammatik so gequält hat.

Die Kirche liegt an der Straße der Romanik. Für mich aber war es eben noch wichtiger, dass sie direkt an der Ecke zur Schulstraße liegt. Wenn man nämlich keine Ahnung hat, in welcher Kirche die lieben Verwandten ihre Kinder haben taufen lassen, dann ist am nächsten liegende Kirche die erste Wahl. Am nächsten Tag sollte sich herausstellen, dass ich mit meiner Vermutung richtig gelegen hatte.

Der Schatten der Turmspitze auf dem Turm stammt übrigens vom Türmchen des Rathauses, das wieder nur ein paar Meter weiter liegt...


... und wirklich schön restauriert ist.


Hier also wurde mein Urgroßonkel Wilhelm Rohde im Februar 1910 vorstellig, um anzuzeigen, dass seine Mutter, meine Ururoma Sophie, gestorben war.

War das Rathaus damals eigentlich auch schon gelb? Wenn es jemand weiß, dann möge er mir es bitte sagen! Ich bin neugierig!

Langsam aber sicher kam ich nun auch dahinter, warum sich Burg auch die "Stadt der Türme" nennt. Nicht nur das Rathaus und die Kirchen haben welche, es stehen auch ansonsten noch diverse Türme in der Stadt, zum Beispiel der Wasserturm...


... und der Hexenturm...


(Ich hoffe doch mal ganz stark, dass keine meiner weiblichen Verwandten diesen Turm jemals von innen gesehen hat - in späteren Jahren, als man nicht mehr an Hexen glaubte, ist der Turm jedenfalls als ganz normales Gefängnis genutzt worden.)

Ach ja, es gibt auch noch den Berliner Torturm...


... und den Bismarckturm, zu dem ich aber nicht mehr gewandert bin. Dafür haben die Burger Türme auch ihre eigene Homepage:


Für einen ersten Überblick war das ein richtig schöner kleiner Spaziergang. Und es war schön, die Stadt mit eigenen Augen zu sehen, in der diverse meine Vorfahren gelebt haben, schon allein, weil ich eben wusste, dass sich seitdem nicht allzu viel verändert hat, weil Burg in beiden Weltkriegen nicht allzu viele Schäden davongetragen hat.

Und bevor ich es vergesse: Hameln mag zwar zwar seinen Rattenfänger haben, aber Burg hat seinen Trommler!


Und der hat auch seine eigene Sage:

Vor vielen Jahren saß in einer Weinschänke zu Burg eine fröhliche Gesellschaft, die von alten Zeiten erzählte. Sie berichteten über Schicksale und Taten und prahlten mit ihren Erlebnissen und Erfahrungen. Der Wirt der Schänke wusste so manches aus seinem Erfahrungsschatz zu berichten und erzählen, dass ein verborgener Weg nach dem Weinberg, wie auch nach dem Inneren der Stadt von seinem Hause aus führte. Die Gäste wollten die Geschichte nicht glauben und es kam zu einer Wette.

Am anderen Morgen trafen sich alle wieder beim Wirt, um dieser Geschichte mit den unterirdischen Gängen nachzugehen. Dem Mutigsten wurde eine Trommel umgehangen und mit Windlichtern versehen und frohen Mutes auf den Trommelschlag hörend, ging es den Gang entlang. Nach einiger Zeit hörte man nur noch einen dumpfen Ton, der nach einiger Zeit ganz verstummte.
Erschrocken über das Verstummen des Trommelschlages, eilten sie dem Freund zu Hilfe und drangen immer tiefer in den finsteren Gang ein, in der Hoffnung den Freund zu retten. Der Modergeruch und eine dumpfe Schwüle ließen sie bald ermatten. Schon waren einige erschöpft und wankten, die Lichter waren dem Erlöschen nahe. Der Wirt, der diese Kellerluft gewöhnt war, rief mit kräftiger Stimme, rette sich wer kann, sonst sind alle verloren.

Zu Tode erschöpft erreichten sie den Ausgang. Aber vom Freund fehlte jede Spur. Er blieb für immer verschwunden. Seitdem wurde kein weiterer Versuch mehr unternommen, die unterirdischen Gänge weiter zu erforschen. Im Laufe der Zeit verfielen sie, aber die Illusion von unterirdischen Gängen lebt in den Köpfen der Menschen weiter.
 
 
 
Zugegeben, erschöpft war ich nun auch ein bisschen. Also zurück in die Pension, damit ich auch ja am nächsten Morgen pünktlich im Archiv war. Aber nein - das ist eine andere Geschichte....

Sonntag, 19. August 2012

Forschungstrip nach Sachsen-Anhalt und Brandenburg - Teil I: Clausewitz, Fontane und mein Uropa...

Ich habe es nun endlich geschafft, meinen lange gehegten Plan vom Forschungsurlaub in Sachsen-Anhalt und Brandenburg auch tatsächlich in die Tat umzusetzen, wenn auch nur für ganze dreieinhalb Tage. Und ich muss sagen, es hat sich gelohnt. Es war ein sehr ereignisreicher Trip, in mehr als einer Weise.


Was mich bis jetzt immer davon abgehalten hatte waren die langen Vorlaufzeiten, auf die man sich einstellen muss, wenn man das Kirchenarchiv der Kirchenprovinz Sachsen in Magdeburg heimsuchen möchte: mindestens vier Monate kann man dort einplanen. Ich hatte nun aber einen Archivplatz für den 13. und den 14. August ergattert, und das sogar relativ kurzfristig, weil man ein zusätzliches Lesegerät angeschafft hatte und deshalb Zusatzplätze vergeben konnte.


Um auch ja gaaaanz pünktlich montags um 08.30 Uhr im Archiv zu sein, hatte ich mich entschlossen, mich schon am Sonntag nachmittag auf den Weg zu machen und mich am Sonntag abend noch ein bisschen in Burg, dem Geburtsort meines Uropas Willy Hauffe, umzusehen.


Ich hatte Glück, kam gegen 17.30 Uhr in meiner Pension an, brachte meine Sachen auf mein Zimmer im zweiten Stock und machte mich direkt danach auf den Weg in die Burger Altstadt, um die Adresse Schulstraße 7 zu suchen. Dort wurde Willy am 27.05.1896 als Sohn des Schuhmachermeisters Carl Hauffe und seiner Frau Sophie geb. Rohde geboren.


Die Adresse habe ich auch sofort gefunden, obwohl die Schulstraße inzwischen eine Einbahnstraße ist:


Nur um es klarzustellen: Das Haus am rechten Bildrand ist Nummer 6, nicht Nummer 7.

Da stand ich also nun mit meinen 1,62 m und versuchte herauszufinden, was sich denn hinter dem Tor befindet: Es kann sich eigentlich nur um einen Carport handeln. Ich bin also zu spät gekommen; das Geburtshaus von Willy steht nicht mehr.


Man kann sich vorstellen, dass ich im ersten Moment erst einmal eine Fleppe gezogen habe, wie man hier in Ostwestfalen so schön sagt. Es könnte aber immerhin gut sein, dass der graue Mauerteil rechts von der Tür noch zum ursprünglichen Haus gehört hat (man sieht, ich war an einem Punkt angekommen, an dem ich mich auch an Kleinigkeiten festhalten wollte...).


Die Schulstraße ist eine der ältesten Straßen in Burg; sie führt parallel des Breiten Weges vom Ihle-Kanal direkt nach Norden hoch zur Berliner Straße.



Ungefähr 50 Meter von Willys Geburtshaus entfernt, in der Schulstraße 12, wurde 1780 Carl von Clausewitz geboren, der sich später als preußischer General und Militärhistoriker einen Namen machte:






Ein Ausspruch, mit dem Herr von Clausewitz nicht ganz unrecht hatte, findet sich auf der Gedenktafel über der Tür:




"Die Zeit ist Euer, was sie sein wird, wird sie durch Euch sein."


Ich hätte es nicht besser sagen können.


Noch einmal zwei Häuser weiter, in der Schulstraße 14, befand sich ein Festsaal, in dem 1840 Theodor Fontane verkehrte, als er für ein Jahr lang als Apothekenhelfer in Burg arbeitete.



Die blaue Tür ist ein echter Hingucker, oder?


Fontane schrieb übrigens über Burg, es sei eine "ansehnliche Stadt, von der trotzdem niemand nichts weiß. Oder doch nicht viel. Die Nähe Magdeburgs hat es von Anfang an in den Schatten gestellt." Da könnte er recht gehabt haben.

Man kann also durchaus konstatieren, dass in der Schulstraße einige interessante Gestalten ein und aus gingen: Clausewitz, Fontane und mein Uropa.



Donnerstag, 9. August 2012

Kennen Sie "Warlser"?!

Nicht? Sind Sie sicher?

Gut, zugegeben, ich kenne "Warlser" auch nicht.

Ich war gerade dabei, bei familysearch die Heiratseinträge in Schildesche Mitte des 19. Jahrhunderts durchzugucken, weil es einige meiner Wertheraner dorthin verschlagen hat. Und dabei fiel mir auf, dass mir doch einige Namen sehr bekannt vorkamen, obwohl sie laut Datenbank in "Warlser" geboren sein sollen...

Dabei ist des Rätsels Lösung eigentlich ganz einfach. Gucken wir uns doch mal die Kurrent-Schrift an, in der die Kirchenbücher dieser Zeit verfasst sind:


Das "e" und das "a" sind sich sehr ähnlich, ebenso das "l" und das "t" sowie das "h" und das "s". Hat man nun eine sehr kleine und vielleicht auch nicht ganz so akkurate Schrift vor sich, dann kann man anstatt "Werther" auch schon einmal "Warlser" lesen...

Ergo: Es ist nicht nur von Vorteil, wenn man die Schrift lesen kann, in der die Schriftstücke, die man erforschen will, geschrieben sind, sondern auch, wenn man Ahnung von seinem Forschungsgebiet hat - vor allem dann, wenn man Transkriptionen erstellt, die dann später im Internet landen...

Mittwoch, 1. August 2012

Die ominöse Geburt des Heinrich Ortmeyer

Die Geburt meines Ur-Ur-Ur-Großvaters Heinrich Ortmeyer gibt mir immer noch Rätsel auf. Heinrich war einer der Urgroßväter meiner Großmutter mütterlicherseits. In einer Zeit, in der die Angaben in den Kirchenbüchern in den allermeisten Fällen schon sehr präzise sind, sehe ich lauter Fragezeichen...

Es steht fest, dass Heinrich am 8. Dezember 1899 in der Steinhauser Arrode Nr. 5 in Halle (Westf.) an Altersschwäche gestorben ist. Die Jahrhundertwende hat er damit nur um rund dreieinhalb Wochen verpasst. In seinem Sterbeeintrag im Haller Kirchenbuch wird er als Leibzüchter bezeichnet, der zwei Söhne hinterließ.

Soweit, so gut. Das eigentliche Problem beginnt damit, dass im Sterbeeintrag kein konkretes Geburtsdatum, sondern nur sein Alter angegeben ist: 75 Jahre. Danach wäre er 1824 geboren. Als Geburtsort wird Enger angegeben. Von Enger, das heute im Kreis Herford liegt, bis nach Halle sind es ungefähr 20 Kilometer. Nur hört der Familienforscher eben die Nachtigall trapsen, wenn in einem Sterbeeintrag einfach nur ein rundes Alter angegeben wird.

Ebenfalls aus dem Sterbeeintrag weiß ich, dass die Hochzeit mit seiner Frau Anne Marie Elisabeth Schulte am 26.04.1857 in Brockhagen stattgefunden haben soll. Aus irgendeinem Grunde führen mich in meiner Forschung ständig Linien nach Brockhagen.

Der Heiratseintrag in Brockhagen war schnell gefunden:

Heinrich Ortmeier, geb. 1824 in Enger, Eltern: Hermann Heinrich Ortmeier und Catharine Wilhelmine Schäffer, Eltern beide tot, heiratete am 26.04.1857 Anne Marie Elisabeth Schulte, geb. am 16.03.1833 in Brockhagen, Eltern: Johann Heinrich Schulte und Anne Marie Lindert.

Der Eintrag hilft mir aber auch nur bedingt weiter, denn ich weiß inzwischen, dass er nicht ganz korrekt ist: Anne Marie Elisabeth Schulte wurde eben nicht in Brockhagen geboren, sondern in Künsebeck. Wenn der Pastor bei ihr einen falschen Geburtsort einträgt, warum dann nicht auch bei ihm? Vor allem, weil er Fräulein Schultes Geburtsdatum ganz einfach hätte nachprüfen können. Ganz davon abgesehen nannte sich die Familie ihrer Mutter nicht "Lindert", sondern auf gut Westfälisch "Linnert". Ich bin aber durchaus bereit, über diese Kleinigkeit hinwegzusehen, auch wenn Fräulein Schultes Mutter tatsächlich eine geborene Linnert aus Brockhagen war.

Der nächste Schritt bestand im Wälzen der Kirchenbücher von Enger, die die kleine Tücke aufweisen, dass sie in Stadt- und Landgemeinde unterteilt sind. Ich habe beide Bücher durchgesehen: Von Ortmeiers oder Ortmeyers habe ich keine Spur gefunden. Die einzigen Ortmeyers zu dieser Zeit in Enger bekamen ihre Kinder erst ab 1836, und die Mutter zu diesen Kindern war auch keine geborene Schäffer. Hmmm.

Heinrich und Anne Marie Elisabeth Ortmeyer bekamen zumindest ihre ersten beiden Kinder in Brockhagen. Danach zogen sie ins Kirchspiel Halle und bekamen noch mindestens zwei weitere Kinder, darunter meinen Ururgroßvater Friedrich Wilhelm August Ortmeyer.

Die Tatsache, dass im Landeskirchlichen Archiv in Bielefeld die Verkartungen der Haller Kirchenbücher zu finden sind, nutze ich, um einmal nachzusehen, ob es denn noch weitere Ortmeyers in Halle gab. Und siehe da: Ich fand die Heirat eines Caspar Heinrich Ortmeyer, 1801 in Halle geboren, mit einer Anne Marie Elisabeth Castrup, die in Jöllenbeck geboren sein soll. Die Hochzeit fand am 10. Mai 1826 in Halle statt. Und genau diese Anne Marie Elisabeth Castrup war die Witwe von Johann Petrus Schäfer, den sie am 8. November 1824 in Enger geheiratet hatte.

Wenn ich die Indizien zusammennehme, dann muss ich davon ausgehen, dass Heinrich der Sohn von Johann Petrus Schäffer, der übrigens aus Lügde stammte, und Anne Marie Elisabeth Castrup war. Als Johann Petrus Schäffer starb und kurz darauf seine Witwe den Caspar Henrich Ortmeyer aus Halle heiratete, dürfte er den meisten Hallern einfach als Heinrich Ortmeyer bekannt gewesen sein. Dass die Vornamen der Eltern nicht mit dem Brockhagener Heiratseintrag zusammenpassen, bleibt ein Makel, kann aber eventuell damit erklärt werden, dass der das Kirchenbuch führende Pastor auch schon an anderer Stelle der "Schlamperei" überführt werden konnte. (Und wenn die Eltern des Bräutigams sowieso tot sind - wen sollten dann ein paar falsche Vornamen stören? Genau - den Familienforscher!)

Die Frage, wo Heinrich denn nun geboren wurde, bleibt aber. Wenn jemand den Eintrag findet, dann kann er mir gerne Bescheid geben.

Und solange ich Heinrichs Taufeintrag nicht gefunden habe, werde ich diese Geschichte als das betrachten, was sie (noch) ist: Eine Theorie.