Samstag, 23. Juni 2012

Der Traumurlaub des Familienforschers

Ich habe es in dieser Woche geschafft, mir wieder einmal einen Tag "freizugraben", um im Landeskirchenarchiv in Bethel zu forschen. Meist ärgere ich mich dann ja, dass zwischen 12.30 und 13.30 Uhr Mittagspause gemacht wird, auch wenn man inzwischen die Kantine direkt um die Ecke nutzen kann.

Dieses Mal war es etwas anders, denn ich hatte dort unterhaltsame Gesellschaft: Stan Wilson aus Baltimore, MD, USA.

Stan ist auf großer Tour durch die deutschen Archive, um seine Familiengeschichte weiter zu erforschen. Sechs seiner acht Urgroßeltern kamen aus Deutschland, so dass er einiges zu tun hat. Bevor er nach Bielefeld kam, um sich die Strucks aus Heepen genauer anzugucken, war er in Wolfenbüttel. Ich kann leider nicht mehr genau sagen, wohin die Reise für ihn dann noch geht, aber ich wünsche ihm viel Erfolg!

Das ist doch der Traumurlaub eines jeden Familienforschers, oder? Forschend von Archiv zu Archiv zu ziehen, sich die Orte anzugucken, wo die Vorfahren gewohnt haben und dabei dem großen Puzzle jedes Mal und jeden Tag ein kleines Stück hinzuzufügen - und das über Wochen!

Vielleicht schaffe ich es ja, mich in diesem Jahr noch auf eine kleine Reise zu meinen eigenen sträflich vernachlässigten ostdeutschen Wurzeln zu begeben - mein Urgroßvater Willy (nein, nicht Wilhelm!) Hauffe wurde zum Ende des Ersten Weltkrieges aus Burg bei Magdeburg nach Halle (Westf.) "importiert", und seine Mutter Sophie geb. Rohde kam gebürtig aus Brandenburg an der Havel. Wenn es über die Generationen immer ein kleines Stück weiter Richtung Osten geht - wer weiß, wo ich dann lande?!

Wenn ich mich nicht stark irre, dann liegen die Kirchenbücher aus Burg inzwischen im Archiv in Magdeburg. Beim telefonischen Kontakt wurde mir gesagt, dass die Vorlaufzeit für einen Platz im Archiv rund drei Monate beträgt, was für mich natürlich einige Probleme logistischer Art mit sich bringt, weil ich noch nicht weiß, wie mein Terminkalender dann aussieht, und wie viele Tage ich im Archiv brauche, um meine diversen Vorfahren-Linien zu finden, denn es steht ja nicht fest, dass die Hauffes und ihre Vorfahren "immer" aus Burg kamen.

Grübele ich einfach nur viel nach? Sollte ich mich nicht einfach für drei Tage im Archiv einbuchen und einfach mal gucken, wie weit ich komme?!

And, by the way: Stan, if you should read this: If you have difficulties decyphering that 1814 entry - I'd be happy to help! 


Mittwoch, 6. Juni 2012

Die Geschichte von Heinrich und Johanne: Ein Update

Erinnern Sie sich noch an "Die Geschichte von Heinrich und Johanne"? Wenn nicht, dann ist hier der Link:

http://familienforschung-in-owl.blogspot.de/2012/05/die-geschichte-von-heinrich-und-johanne.html


Inzwischen habe ich bei ancestry die Verlustlisten aus dem Ersten Weltkrieg nach Heinrich Sickendiek durchsucht. Und ich habe Heinrich gefunden (mittlere Spalte, oberster Eintrag):



Sickendick (nicht Siekendick), Heinrich (2. Komp.) - Hörste - gefallen. 


Heinrich war schon am 11.09.1915 in der Schlacht bei Wilna gefallen, die am 09.09.1915 begonnen hatte. Er taucht aber erst in der Verlustliste vom 14. Januar 1916 auf. Die Veröffentlichung erfolgte also knapp vier Monate nach seinem Tod.

Ich weiß nicht, ob - und wenn ja, von wem - meine Urgroßmutter Johanne schon früher über seinen Tod informiert worden war. Oft war es ja so, dass der jeweilige Vorgesetzte einen Brief an die Angehörigen geschrieben hat, in dem wenigstens ein Teil der Todesumstände geschildert wurde (alle Einzelheiten wären für die Angehörigen wahrscheinlich auch unerträglich gewesen). Wenn es auch hier so gewesen sein sollte, dann ist der Brief jedenfalls nicht mehr in meinem Teil der Familie vorhanden.

Ich hoffe, dass Johanne aus einem Brief erfahren hat, was mit ihrem Mann passiert ist, und nicht aus einer Verlustliste. Wie wurden die Verlustlisten eigentlich publik gemacht? Wurden sie an einer zentralen Stelle im Ort ausgehangen, so dass das halbe Dorf gleich lesen konnte, wer verwundet, vermisst oder gefallen war?

Früher bin ich an Kriegerdenkmälern immer ziemlich achtlos vorbeigeschlendert. Heute finde ich es irgendwie beruhigend, dass sie da sind (wenn sie mir auch oft zu martialisch gestaltet sind), aber beunruhigend, dass ihr Erinnerungswert nicht wahrgenommen wird. In Hörste findet man das Kriegerdenkmal an zentraler Stelle neben der Kirche:


 Und so hat auch Heinrich seine Spuren in Hörste hinterlassen (vorletzte Zeile):


Seitdem ich weiß, wie Heinrich aussah, sehe ich das Denkmal mit anderen Augen. Es ist persönlicher geworden; es rührt mich mehr.

Familienforschung ist eben mehr als die Summe aus Zahlen, Daten und Fakten.