Freitag, 19. Dezember 2014

Margarethe Ilsabein Wichmann geb. Bergmann (1773-1822)

Margarethe Ilsabein Bergmann wurde am 19.01.1773 in Theenhausen 8 geboren. Den Hof gibt es heute noch: er liegt an der Borgholzhausener Straße in Werther direkt am Kreisverkehr. Und weil dieser Hof keine zwei Kilometer von unserem Haus hier entfernt ist, komme ich heute, rund 241 Jahre später, fast jeden Tag an dem Ort vorbei, an dem meine Ur-Ur-Ur-Urgroßmutter geboren wurde.
Kein Wunder also, wenn ich mich hier in der Gegend verwurzelt fühle, oder?
Margarethes Eltern waren der Colon Albert Henrich Hüllinghorst genannt Bergmann und seine Frau Anne Marie, eine geborene Dicke-Wentrup aus Rotingdorf 1.
Diese beiden waren nicht sonderlich experimentierfreudig, was die Namensgebung ihrer Kinder anging, denn Margarethe war nicht die erste Tochter namens Margarethe Ilsabein: Im Jahr 1770 hatte es schon einmal ein kleines Mädchen dieses Namens gegeben, das allerdings keine zwei Monate alt geworden war. Nach Margarethe folgten dann auch noch drei weitere Töchter, alle mit Namen Anne Marie.
Der Grund für diese Namensgleichheit ist leider so einfach wie traurig: Wenn ein Kind starb, was ja so häufig der Fall war, dann wurden die Paten dieses toten Kindes oft auch die Paten des nächsten, das geboren wurde. Und weil man die Kinder üblicherweise nach ihren Paten nannte... damit schloss sich der Kreis wieder. Was uns heute wirklich unangenehm aufstößt, war nur ein paar Generationen vor uns eben noch ganz normal. 
Aber zurück zu Margarethe. Sie wuchs also auf der Wertheraner Seite des Hapkenberges auf und blieb auch auf dem Hof, bis sie am 13.10.1797 mit 24 heiratete, und zwar den Colon Johann Heinrich Wichmann (auch Wiechmann oder Wiegmann) aus Rotenhagen 12. Der war zwar nur knapp zweieinhalb Jahre älter als sie, hatte aber schon den elterlichen Hof übernehmen müssen, weil sein Vater schon vor Jahren verstorben war. So wurde Margarethe von der Colonstochter zur Colona.
Zehn Monate nach der Hochzeit erfüllte sie dann auch die Pflicht, einen potenziellen Erben zur Welt zu bringen: Sohn Johann Heinrich wurde geboren. Mit dem Erben wurde es aber nichts, denn er starb am 11.02.1817 mit 18 Jahren am Nervenfieber.
Das nächste Kind war ein Mädchen: Anne Marie. Sie kam am 16.07.1800 zur Welt und heiratete 1827 dem Schlosser Johann Friedrich Wilhelm Strümpler, mit dem sie mitten in der Stadt in Werther Nr. 9 lebte. Nicht, dass Werther wirklich groß war...
Das dritte Kind war mit Hermann Heinrich als Junge wieder also ein potenzieller Erbe. Leider wurde er aber nur zwei Monate alt; er starb am 24.10.1802 an Schürken.
Am 09.10.1803 erblickte dann Katharine Marie das Licht der Welt. Sie, die eines Tages meine Ur-Ur-Urgroßmutter werden sollte, heiratete ebenfalls 1827, ein Vierteljahr nach ihrer älteren Schwester, und zwar Johann Heinrich Gehring von der Bleeke.
Das letzte Kind war dann wieder ein Sohn: Hermann Heinrich, geboren am 24.07.1808. Er war schon zum Zeitpunkt seiner Geburt der Anerbe und würde diese Stellung auch nicht mehr einbüßen. 1832 heiratete er Anne Cathrine Ilsabein Meyer zu Theenhausen aus - logisch - Theenhausen 1.
Margarethe hat also zwei ihrer Kinder überlebt. Drei Kinder haben geheiratet, aber keinem konnte sie auf der Hochzeit tanzen: Sie starb am 18.10.1822, mit 59 Jahren, an der Schwindsucht.

Freitag, 12. Dezember 2014

Sterben nach Zahlen (Teil II)

Da brütet man dann also über den Burger Kirchenbüchern und blättert, um herauszufinden, woran der Vorfahr/Verwandte denn nun gestorben ist. Ah, an Krankheit Nr. 23.
Das Gemeine an der Sache ist, dass Todesursache Nummer 23 nicht immer ein- und dieselbe Krankheit ist. Im Laufe der Jahre hat man nämlich ab und an einfach mal die Nummern der Krankheiten geändert. 
Was in einem Jahr noch so aussah
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sah dann später so aus:
P1060658Da wurde dann ganz schnell aus einem "Krebs-Schaden" die Gelbsucht.
Man muss also wirklich aufpassen, dass man auch die "richtige" Todesursache im Stammbaum einträgt. Aber spätestens dann, wenn ein 85jähriger im Kindbett stirbt, sollte einem auffallen, dass man die falsche Tabelle erwischt hat... 

Freitag, 5. Dezember 2014

Carl August Haufe und die Frauen

Carls Geschichte beginnt eigentlich schon ein paar Monate vor seiner Geburt: Sein Vater, auch ein Carl (mit vollem Namen Carl Traugott HAUFE) stirbt im Sommer 1836 in Burg bei Magdeburg an Brustwassersucht, mit nur 39 Jahren.
Als seine Mutter Sophie (geboren als Maria Sophia BESTER) Carl dann am 18. Januar 1837, also fünf Monate nach dem Tod ihres Mannes, in Burg Nr. 651 zur Welt bringt, ist nicht nur sein Rufname vorprogrammiert, sondern auch, dass er es als eines von fünf Kindern einer alleinerziehenden Witwe wohl nicht immer leicht haben wird. Es fängt schon damit an, dass er gratis getauft wird. Die finanziellen Mittel sind also knapp.
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Ob Carl eine Vaterfigur fehlt, jemand, an dem er sich orientieren kann? Wir können es nicht sagen, denn alles, was wir wissen, ist, dass Sophie jedenfalls bis zu ihrem Tod nicht mehr geheiratet hat.
Carl ist also das Nesthäkchen. Außer ihm gibt es noch die Brüder Carl August Julius, Carl Friedrich August, August Wilhelm Ferdinand und die Schwester Johanne Caroline Wilhelmine. Alle vier bleiben in Burg, heiraten und bekommen Kinder. Allein von Ferdinand, der Marie Charlotte GRUSS heiratete, habe ich in der Zeit zwischen 1865 und 1877 acht Kinder gefunden (ohne Anspruch auf Vollständigkeit). Bei seinem Neffen Max Paul, geboren am 30. September 1865, wird Carl dann auch Patenonkel.
Verheiratet ist Carl zu diesem Zeitpunkt noch nicht - er lässt sich Zeit mit der Ehe.... warum wohl? Hat er keine Lust auf ein bürgerliches Leben, oder hat er einfach noch nicht die Passende gefunden?
Am 1. April 1872 ist es schließlich doch soweit: Carl tritt vor den Traualtar, und zwar in der Kirche Unser Lieben Frauen in Burg. Er ist inzwischen 35.
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Seine Auserwählte stammt bezeichnenderweise auch nicht aus Burg, sondern aus Angern, einem Dorf etwa 10 Kilometer nördlich. Es ist die Zimmermannstochter Christiane Louise MICHAELIS. Sie ist laut Heiratseintrag mit 24 Jahren immerhin ungefähr elf Jahre jünger als er.
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Die Ehe geht nicht gut. Gar nicht gut.
Vielleicht sind beide auch irgendwann zu dem Schluss gekommen, dass es keine gute Idee war, ausgerechnet am 1. April zu heiraten.
In den Jahren 1872 bis 1874 finde ich keine Kinder, zumindest nicht in Burg.
Am 25.11.1875, also rund zweieinhalb Jahre nach der Hochzeit, bringt Louise schließlich eine Tochter zur Welt: Anna Louise. Das Dumme ist nur: Carl ist nicht der Vater! Zu diesem Zeitpunkt ist Louise auch schon die "separierte" Ehefrau des Arbeiters Haufe (eigentlich ist Carl übrigens Schuhmacher).
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Die Adresse, unter der die Geburt verzeichnet ist, ist nicht uninteressant: Burg Nr. 1149. Zumindest im Jahr 1866 habe ich dort auch Ferdinands Familie gefunden. Es kann also gut sein, dass die Brüder zusammen gewohnt haben, bis Ferdinands stetig wachsende Kinderschar einen Umzug unumgänglich machte. Wenn ich Louise noch 1875 in Nr. 1149 finde und sie da schon von Carl "separiert", also getrennt, lebte, dann heißt das für mich, dass Carl derjenige war, der seine Siebensachen gepackt hat.
Carl hat die Vaterschaft also explizit bestritten. Das hätte er nicht tun müssen; er hätte die kleine Anna Louise auch quasi gemäß eines "gentlemen's agreement" als seine Tochter mit durchfüttern können, was ja nun durchaus nicht unüblich war. Geld hat bei vielen solcher Gelegenheiten den Besitzer gewechselt, und was die lieben Nachbarn so über einen erzählen, ist vielen ja auch heute noch unendlich wichtig. Man kann sich also den Klatsch und Tratsch in Burg vorstellen, als die "Haufin" sich hatte fremdschwängern lassen und Carl vermutlich befürchten musste, dass man hinter seinem Rücken darüber grinste, dass er sich hatte Hörner aufsetzen lassen.
Wo genau Carl in den nächsten paar Jahren abgeblieben ist, kann ich nicht genau sagen. Er taucht erst wieder im Jahr 1880 auf, und zwar in einem Dorf namens Klein Kreutz, das heute ein Ortsteil von Brandenburg an der Havel ist.
Die Art und Weise, wie Carl wieder in Erscheinung tritt, ist nicht unbedingt eine ganz ehrenvolle: Er hat die erst 20jährige Dorothea Sophie ROHDE aus Wachow geschwängert, die einmal meine Ur-Urgroßmutter werden sollte. Der gemeinsame Sohn Waldemar kommt am 28.12.1880 in Klein Kreutz zur Welt - unehelich, denn Carl war schließlich noch immer mit Louise verheiratet und hatte es anscheinend nicht für notwendig gehalten, sich scheiden zu lassen.
Warum eigentlich nicht? Das Kind war ja nun schon in den Brunnen gefallen. Schlimmer hätte es doch eigentlich nicht mehr kommen können...
Sophie hatte übrigens auch schon einen Sohn, Wilhelm ROHDE. Ihn hatte sie ein paar Tage vor ihrem 19. Geburtstag geboren. So ganz gut dürfte ihr Ruf also zum Zeitpunkt von Waldemars Geburt auch nicht gewesen sein - erst 20 Jahre alt, und schon zwei uneheliche Kinder von zwei verschiedenen Vätern... tz, tz. tz. Vor meinem geistigen Auge sehe ich schon die alten Damen in Klein Kreutz die Köpfe schütteln und murmeln, dass die Jugend verkomme und es so etwas in ihrer Zeit natürlich nie gegeben hätte...
Mit Waldemars Geburt scheint Carl jedenfalls an einem Wendepunkt angekommen zu sein. Da ist er immerhin auch schon 43 Jahre alt und muss vielleicht nun doch feststellen, dass ein bürgerliches Leben vielleicht doch nicht das allerschlechteste ist. Vielleicht ist Sophie auch einfach nur "die Richtige" - das möchte zumindest ihre Ur-Urenkelin gerne glauben. Wie auch immer - Fakt ist, dass sich Carl nun endlich scheiden lässt.  Am 26.10.1881 wird in Klein Kreutz geheiratet. Carl ist seit März 1881 geschieden, wie die Anmerkung im Wachower Trauregister zeigt. Auf die Frage, ob er denn schon einmal verheiratet gewesen? Ja!
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Und wenn man schon mal dabei war: Fünf Tage später, am 31.10.1881, wurde dann auch klein Waldemar, inzwischen legitimiert, hier getauft.Burg 659
Am 10.04.1882 wird dann die Tochter Else geboren, und wieder hört man die Nachtigall trapsen: Bei ihrer Hochzeit dürfte Carl und Sophie also klar gewesen sein, dass sie wieder Eltern werden würden! (Ich muss aber leider vermuten, dass Else noch als Kleinkind gestorben ist.)
1884 kommt dann eine weitere Tochter zur Welt: Elisabeth. Elisabeth wird aber nicht mehr in Klein Kreutz geboren, sondern... in Burg!
Ja, Carl geht wieder in seine Heimatstadt zurück. Dieses Mal mit einer anderen Ehefrau und als mehrfacher Vater. Auch Stiefsohn Wilhelm ist mit von der Partie.
Ich glaube, den Grund für diese Heimkehr zu kennen: Arbeit. Im Jahr 1883 ist nämlich ein Krefelder Kaufmann namens Conrad Tack auf die geniale Idee gekommen, ausgerechnet in Burg eine Schuhfabrik aufzumachen. Er fing zunächst in einer gemieteten Scheune mit 20 Schuhmachern an 5 Maschinen an; man produzierte so immerhin 50 Paar Stiefel am Tag. Die Firma wuchs und gedieh und zog schließlich in einen Neubau um, der immer wieder erweitert wurde und der heute als Berufsschule dient:
Carls Geschwister leben zu diesem Zeitpunkt immer noch in Burg; es kann also gut sein, dass er auf diese Weise vom Tack'schen Vorhaben erfahren und die Chance ergriffen hat. Wie gesagt, das ist eine Vermutung, wenn auch eine ziemlich starke. Tatsache ist aber, dass Carl in Burg weiter als Schuhmacher gearbeitet hat.
Außerdem waren seit Carls Weggang aus Burg ja nun auch schon ein paar Jahre ins Land gezogen, so dass zumindest ein wenig Gras über die Sache mit Louise gewachsen war...
Carls Familie vergrößert sich auch in Burg noch immer wieder, obwohl Carl nun schon in einem Alter ist, in dem andere Herren sich eher ihren Enkeln widmen. Um präzise zu sein, es werden noch die folgenden Kinder geboren:
Agnes (21.01.1887)
Traugott (31.05.1889)
Else (01.05.1890)
Emma (16.07.1891)
Karl (05.01.1894)
und Willy (27.05.1896). Willy, den man ja schlecht Wilhelm taufen lassen konnte, weil es ja schon einen Bruder namens Wilhelm gab, wurde dann mein Urgroßvater.
Die Familie wohnt in der Schulstraße 7, ganz in der Nähe des Ihlekanals, in einem Haus, das heute leider nicht mehr erhalten ist.
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Es stand an genau dieser Stelle. Eine Nachbarin, die heute im Haus rechts daneben wohnt, hat mir aber erzählt, dass es ein "kleines niedliches Häuschen" gewesen sein soll, das längst nicht so hoch war wie das daneben. Beengte Verhältnisse also.
Carl stirbt am 5. November 1906, aber nicht zu Hause, sondern im Städtischen Krankenhaus von Burg.
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Sophie überlebt ihn um etwas mehr als drei Jahre.

Mittwoch, 3. Dezember 2014

Sterben nach Zahlen (Teil 1)

Auch im 19. Jahrhundert hat man augenscheinlich schon gerne Statistiken geführt, zumindest in den Kirchenbüchern von Burg bei Magdeburg. Da kann es deshalb schon mal sein, dass die rechte Seite im Sterberegister so aussieht:
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Ziemlich kahl, nicht wahr? Altersgruppe des Verstorbenen und Nummer der Krankheit... man man kann es also auch kompliziert machen, wenn man denn möchte.
Im Kirchenbuch blättert man dann also bis zur letzten Seite nach hinten und findet dann so etwas hier:
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Man blättert und blättert und blättert also die ganze Zeit hin und her... wie umständlich!
Die Frage, die sich mir dabei stellt, ist dagegen ganz einfach: Wenn der Pastor schon wusste, woran derjenige welche gestorben war - warum hat er's dann nicht einfach hingeschrieben? 
Es wäre ja nicht das erste Mal, dass sich ein Pastor nicht zwingend an die Spalten im Kirchenbuch hält...