Im Moment bin ich gerade dabei, die
Geburten des Jahres 1907 in "Werthers Gedächtnis"
einzuarbeiten. Wenn mich in letzter Zeit jemand im "Schloss"
in Werther angetroffen hat, wo ja inzwischen Bücherei und
Stadtarchiv untergebracht sind, und sich gewundert hat, warum ich so
frenetisch vor einem alten Buch sitze und vor mich hinschreibe, dann
ist das die Erklärung: Ich habe die 154 Geburten fein säuberlich
abgepinnt. Inzwischen bin ich ziemlich gut und ziemlich schnell
darin, was ja auch kein Wunder ist, weil die Einträge im Grunde
immer nach demselben Schema aufgebaut sind. Ein paar Stunden hat
es dann trotzdem gedauert.
Als ich den kompletten Jahrgang dann in
meinem Ringbuch stehen hatte, erwachte dann wieder die kleine
Statistikerin in mir... und hier ist nun das Ergebnis.
Die Basisfakten:
-
männlich: 73
weiblich: 81
ev./luth.: 153
andere: 1
ehelich: 149
unehelich: 5
Einzelgeburten: 150
Mehrlingsgeburten: 4
totgeboren: 0
lebend geboren: 154
Die Mädchen waren also eindeutig in
der Mehrzahl. Man kann sich denken, was das in einer Kleinstadt
bedeutete, zumal der Jahrgang 1907 ja zu denen gehörte, die gleich
zwei Weltkriege mitmachen mussten: Den ersten noch als Kinder
zwischen sieben und 11 Jahren, den zweiten dann als Erwachsene in dem
Alter, in dem man eigentlich damit beschäftigt sein sollte, sich
eine Existenz aufzubauen. Bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs würden
diese Kinder hier 31 oder 32 Jahre alt sein. Das heißt auch, dass
die meisten der kleinen Jungen hier irgendwann in Uniform steckten
und Glück hatten, wenn sie den Krieg überhaupt überlebten. So, wie
ihre Väter eine Generation davor.
Das eine "andere" Kind war
übrigens nicht katholisch, sondern "mosaisch", also
jüdisch: Familie Sachs in Werther Nr. 76 hatte Nachwuchs bekommen,
ein Mädchen namens Hedwig. Den Holocaust erlebte sie nicht, denn
nach meinen Informationen ist sie schon 1909 wieder gestorben.
Es gab zwei Zwillingspärchen; alle
anderen waren Einzelgeburten. Totgeburten habe ich nicht gefunden.
Richtig Spass machte mir die Auswertung
der Vornamen - so langsam kam man in der Zeit an, in der man nicht
mehr jedes Kind nach seinen Paten benannte. Man wurde insgsamt
zumindest etwas kreativer, auch in der Anzahl der Namen, die man
seinem Nachwuchs mit auf den Weg gab:
-
ein Vorname
11
zwei Vornamen
46
drei Vornamen
94
vier Vornamen
2
fünf Vornamen
1
gesamt
154
Es gab also immerhin elf Kinder, bei
denen den Eltern ein Vorname reichte.
Was die einzelnen Namen angeht:
-
Platz
Mädchen
Jungen
1
Marie/Maria (34)
Wilhelm (33)
2
Johanne /Johanna (25)
Heinrich (32)
3
Anne/Anna (16)
August (25)
4
Luise (12)
Emma (12)
Auguste (12)
Hermann (21)
5
Martha (11)
Gustav (14)
6
Elisabeth (7)
Frida (7)
Paul (11)
7
Wilhelmine (6)
Friederike (6)
Friedrich (10)
8
Karoline (5)
Pauline (5)
Paula (5)
Rudolf (4)
Karl (4)
9
Alwine (4)
Ernst (3)
Erich (3)
Peter (3)
Julius (3)
10
Lina (3)
Helene (3)
Else (3)
Erna (3)
Henriette (3)
Hugo (2)
Eduard (2)
Otto (2)
Hellmut (2)
Ludwig (2)
Walter (2)
Bernhard (2)
11
Meta (2)
Klara (2)
Elfriede (2)
Emilie (2)
Minna (2)
Franz (1)
Arthur (1)
Adolf (1)
Emil (1)
Ewald (1)
Alfons (1)
Alfred (1)
Hans (1)
Georg (1)
Johannes (1)
Martin (1)
Christian (1)
12
Dorothea (1)
Hertha (1)
Christine (1)
Ida (1)
Anneliese (1)
Alma (1)
Lisette (1)
Regine (1)
Elise (1)
Bertha (1)
Gerhardine (1)
Charlotte (1)
Hedwig (1)
Margarethe (1)
In diesem Sinne kann man also
festhalten, dass die "alten" Namen zwar durchaus noch weit
verbreitet waren, es aber trotzdem ein paar Modenamen gab, die sich
immer mehr durchsetzten. Bei den Mädchen waren das teilweise
Kurzformen wie Lina, Minna oder Else, aber auch die Marthas, Paulas
und Paulines nahmen zu. Im Grunde unterscheiden sich die Namen hier
gar nicht mal so sehr von denen, die heute vergeben werden - wenn man
mal davon absieht, dass heute wohl kaum jemand seine Tochter
"Gerhardine" nennen würde. Ich glaube, Gerhardine war eine
Art Ausrutscher. Was mir aber aufgefallen ist, ist die Abnahme des
Namens "Margarethe", der ja über Jahrhunderte ein echter
Klassiker war: In diesem Jahr gab es nur noch eine.
Bei den Jungs ging es noch etwas
traditioneller zu: Am liebsten nannte man sie immer noch Wilhelm,
August, Heinrich oder Hermann, am besten natürlich untereinander
kombiniert. Dafür gibt es überhaupt keine Johanns mehr (obwohl
"Johanne" ja immer noch sehr beliebt war!); die Gustavs und
Pauls waren dagegen stark im Kommen. Und ja, beide "Hellmuts" waren mit Doppel-L geschrieben.
Schade, dass die Rufnamen nicht schon
feststanden. Das hätte das Bild wahrscheinlich noch ein bisschen
übersichtlicher gemacht.
Mal gucken, vielleicht lege ich mir
eine Statistik an, die sich über die verschiedenen Jahrzehnte
erstreckt. Wäre mal interessant zu sehen, wie sich die Namensgebung
im Mikrokosmos Werther so im Laufe der Zeit entwickelt.