Donnerstag, 25. Juni 2015

Martha, Wilhelm und das schwarze Kleid

Dieses Foto steht gerahmt in meinem Bücherregal. Es wurde heute vor 75 Jahren aufgenommen, am 25. Juni 1940.


Meine (zukünftige) Großmutter, Martha Hauffe, heiratete meinen (ebenso zukünftigen) Großvater Wilhelm Sickendiek, und zwar zu Hause in Halle (Westf.).

Selbstverständlich war das nicht, denn Wilhelm, damals 25 Jahre alt, war Soldat, wie man an der Uniform unschwer erkennen kann. Auch Martha, damals gerade einmal 21, hätte wohl lieber in einem weißen anstatt in einem schwarzen Kleid geheiratet, aber es ging nun mal nicht anders, denn die beiden hatten keine monatelange Vorlaufzeit, um Hochzeit, Feier und Kleid zu organisieren: Sie waren darauf angewiesen, dass Wilhelm ein paar Tage Urlaub bekam. Im Juni 1940 war es dann soweit, und alles musste dementsprechend sehr schnell gehen. Das schwarze Kleid war das beste, das sie finden konnte.

Ich kann mir nicht helfen, aber dieses Foto erinnert mich immer daran, was wirklich wichtig ist. Es bringt mich auf den Boden der Tatsachen zurück. Wichtig für diese beiden war an jenem Tag vor 75 Jahren nicht wirklich, dass Frankreich kurz zuvor im Frieden von Compiègne offiziell gegenüber Deutschland kapituliert hatte und der Waffenstillstand an diesem Tag in Kraft trat, oder dass es vielleicht nicht das Kleid ihrer Träume war und es keine große Party gab, sondern dass sie beide genau zu dieser Zeit an diesem Ort gemeinsam vor dem Standesbeamten erscheinen konnten.

In solch einer Situation setzt man Prioritäten. Da kommt es auf die Farbe des Kleides nicht an.

Wenn man sich die Fotos von heutigen Brautpaaren anguckt, dann strahlen Braut und Bräutigam in den allermeisten Fällen um die Wette, und eigentlich sollte es ja auch sein. Martha und Wilhelm sehen dagegen so aus, als guckten sie etwas unsicher und sorgenvoll in die Zukunft, was ja auch nicht wirklich verwundert, oder? Sie konnten zu diesem Zeitpunkt ja schließlich noch nicht einmal wissen, ob vor allem Wilhelm aus dem Krieg zurückkommen würde.

Wilhelm hat den Krieg überlebt, und er kehrte auch direkt danach nach Halle zurück. Die Ehe hielt insgesamt knapp 46 Jahre, bis zu Marthas Tod im März 1986. 

Alles Liebe zur Kronjuwelenhochzeit, Oma und Opa!






Samstag, 20. Juni 2015

Mein allerliebstes Erbstück

Wenn es nach den typischen Klischees ginge, dann müsste es eigentlich ein Schmuckstück sein. Ein Ring, eine Kette, zumindest aber doch eine Brosche...

Nein, bei mir nicht. Vielleicht bin ich da etwas pragmatischer? Mein Lieblingserbstück ist nämlich das hier:


Ja genau - es ist ein Papierkorb! 

Dieser Papierkorb steht heute bei mir im Büro unter meinem Schreibtisch. Ich benutze ihn gerne, täglich und ausgiebig... 

Ich weiß nicht genau, wie alt er ist, aber er hat schon bei meinem Opa Schwentker (den ich ja nie kennengelernt habe, weil er schon 1966 gestorben ist) in dessen Büro unter dessen Schreibtisch gestanden. Später, bis ungefähr 1980, hat ihn dann mein Vater benutzt. Als ich alt genug war, einen eigenen Schreibtisch zu brauchen und vor allem auch zu wollen, habe ich ihn dann bekommen, weil er eben gerade da war.

Und "da" ist er immer noch, obwohl meine Schreibtische in den letzten 30+ Jahren öfter mal gewechselt haben. Er war da, als ich für die Schule lernte und verzweifelt (und oft genug vergeblich) versuchte herauszufinden, was meine Mathelehrer von mir hören wollten. Er war da als ich im Studium für meine Klausuren büffelte und auf die Schnelle gerade noch eine 20seitige Hausarbeit einreichen musste, weil ich die Semesterferien ein bisschen zu sehr genossen hatte. Er war da, als ich in meiner Referendarzeit für mein zweites Staatsexamen lernte und er stand auch parat, als ich wegen eines verflixt schmerzhaften Bänderanrisses (seitdem meide ich hohe Bürgersteige) öfter mal meinen Fuß hochlegen musste...

Und auch in den knapp zwölf Jahren meiner Selbstständigkeit ist er mein treuer Begleiter, der mich im Arbeitsalltag ungemein entlastet,  indem er den ganzen überflüssigen Papierkram, den ich ihm immer wieder in rauhen Mengen zumute, widerspruchslos schluckt. 





Mittwoch, 3. Juni 2015

Wo ist das nur heute?!

Ihr Lieben, wollt Ihr wissen, was mir das Forscherdasein unheimlich erleichtern würde? (Und wahrscheinlich nicht nur mir?)
Wenn es online eine Datenbank gäbe, in der man nachgucken könnte, wo die ganzen "alten" Adressen" aus der Zeit, in der es noch keine Straßennamen gab, heute sind! Wenn ich zum Beispiel nach "Theenhausen 3" suche, würde dann automatisch "Borgholzhausener Str. 87, Werther" dabei rauskommen, oder bei "Eggeberg 30" die "Nordstraße 1, Halle (Westf.)". Am besten, aber nicht notwendigerweise, wären diese "neuzeitlichen" Adressen dann auch noch mit google maps verknüpft, damit man auch genau auf einer Karte sehen kann, wo sie heute sind.
Dabei könnten sich dann ja auch neue Forschungsergebnisse oder zumindest -anreize ergeben, zum Beispiel, wenn man merkt, dass es tatsächlich Nachbarn und keine Verwandten waren, die als Paten auftauchen, oder wenn deutlich wird, dass "er" zwar aus Schröttinghausen kam, "sie" aus Häger, dass die beiden Höfe, auf denen sie aufgewachsen sind, aber tatsächlich direkt nebeneinander lagen. Oder vielleicht auch einfach nur, um mal selbst hinfahren zu können und zu gucken, wo die Vorfahren denn lebten - falls das Haus denn noch existiert.
Man wird ja wohl noch träumen dürfen, oder?
Obwohl - warum eigentlich "träumen"?
Ich nehme mir also hochoffiziell für Juni vor, meine Unterlagen zu durchforsten und zu gucken, was ich zu so einem Projekt beisteuern könnte.
Ich habe mir zum Beispiel irgendwann im Stadtarchiv hier in Halle eine "Konkordanzliste" gezogen, in der zumindest die Adressen aus der Innenstadt, Hörste, Kölkebeck, Gartnisch und Bokel drin stehen; zu blöd, dass ausgerechnet Oldendorf fehlt, denn da habe ich auch selbst noch ein paar Baustellen.
Wenn es aber zum Beispiel um Borgholzhausen geht, dann habe ich auch echte Probleme. Ich weiß zwar, wo Barnhausen liegt (grob gesprochen zwischen Werther und Borgholzhausen), aber wo genau war Barnhausen 10? Für den Forscher ist es schon doof, dass diese typischen ostwestfälischen "Genannt-Namen" ausgelaufen sind, denn sonst könnte man bei vielen ja einfach stumpf im Telefonbuch nachgucken. Aber nein...
Wundert Euch also nicht, wenn hier im Blog in Zukunft mal ab und an Posts in dieser Richtung auftauchen...
(Ein kleiner Beitrag zur "52-Ancestors-Challenge 2015: Week 22 - "Commencement")