Samstag, 19. Januar 2019

Werthers Kinder: Das Geburtsregister des Jahres 1908

Wo trifft man mich an einem Mittwochnachmittag im Januar? Genau, in Werther im Lesecafé des Schlosses, Geburtseinträge pinnen!

2019 sind die Geburtsregister von 1908 frei zugänglich geworden. Ich hatte wirklich meinen Spass!

Nicht nur, dass ich den Eintrag von meinem Opa Schwentker direkt vor mir hatte, mit der Originalunterschrift von Uropa, der die Ankunft seines Stammhalters wahrscheinlich stolz beim Standesamt angezeigt hat, denn er hatte immerhin acht Jahre darauf warten müssen (und alle anderen Kinder waren Mädchen...). Außerdem habe ich noch diverse Cousins und Cousinen meiner Großeltern gefunden, von denen ich keine Ahnung hatte, dass es sie überhaupt gab! Das Gedächtnis der Menschen ist so kurz...

Im Moment bin ich also dabei, diese 153 Einträge in Werthers Gedächtnis einzuarbeiten. Und währenddessen wieder ein wenig mit der Statistik zu spielen, genau wie im letzten Jahr.

Die Basisfakten:

männlich: 80
weiblich: 73
ehelich: 146
unehelich: 7
Einzelgeburten: 149
Mehrlingsgeburten: 4
totgeboren: 1
lebend geboren: 152

153 Kinder - das ist zwar eins weniger als im Jahr davor, aber trotzdem bin ich von der Konstanz dieser Zahl überrascht. Während 1907 die Mädchen eindeutig in der Überzahl waren (immerhin mit 81 zu 73), gab es nun mehr Jungs: Das Geschlechterverhältnis war dieses Mal 80 zu 73. Einer dieser kleinen Jungen wurde tot geboren, alle anderen Kinder waren am Leben. Zwei Zwillingspärchen gab es, einmal männlich/weiblich und einmal männlich/männlich. Auch die Zahl ist also konstant geblieben.

Was die Religionen angeht: Das lässt sich dieses Mal nicht ganz so genau sagen. Der totgeborene Junge wäre wohl katholisch gerworden, hätte er überlebt, denn seine Mutter war unverheiratet und katholisch. Bei drei anderen Kindern ist die Sache nicht so eindeutig, denn sie stammten, wenn man so will, aus "Mischehen" - mal war die Mutter katholisch, mal der Vater. Oder reformiert, das war einmal auch der Fall. "Lutherisch" zähle ich jetzt einfach mal zu "evangelisch". Jüdische Kinder gab es in diesem Jahrgang in Werther übrigens nicht.

Die Zahl der unehelichen Kinder hat im Vergleich zu 1907 leicht zugenommen, von 5 auf 7. Abgestellt habe ich dabei übrigens auf den Status zum Zeitpunkt der Geburt; ich habe es außer Acht gelassen, wenn die Mutter nachträglich noch geheiratet hat. Denn ein Ehemann, der später das Kind anerkannt hat, muss ja nicht zwingend auch der biologische Vater gewesen sein.

Kommen wir nun zu meinem Lieblingsteil in der Statistik-Spielerei:

Die Vornamen:

ein Vorname
11
zwei Vornamen
60
drei Vornamen
79
vier Vornamen
2
fünf Vornamen
0
gesamt
152

Dieses Mal gab es also keine Eltern, die ihrem Nachwuchs gleich fünf Vornamen mit auf den Lebensweg gegeben haben - vier waren das höchste der Gefühle. Aber die reichen ja auch. Standard waren immer noch drei Vornamen, wenn auch nicht mehr mit so großem Abstand wie im Vorjahr. Die Zahl mit 11 Nur-Einnamigen ist genauso hoch wie im Jahr 1907.

Was die Verteilung der einzelnen Namen angeht:

Platz
Mädchen
Jungen
1
Marie / Maria (32)
Heinrich (34)
2
Anna / Anne (20)
Hermann (28)
3
Johanne (17)
Wilhelm (24)
August (24)
4
Auguste (13)
Friedrich (14)
5
Luise (12)
Frida (12)
Gustav (9)
6
Emma (8)
Alwine (8)
Elisabeth (8)
Karl (7)
7
Erna (7)
Peter (6)
Paul (6)
Julius (6)
8
Martha (6)
Otto (4)
9
Helene (5)
Ernst (3)
Martin (3)
10
Else (4)
Rudolf (2)
Walter (2)
11
Alma (3)
Karoline (3)
Fritz (2)
12
Herta (2)
Charlotte (2)
Henriette (2)
Katharine (2)
Friederike (2)
Hanna (2)
Minna (2)
Georg (1)
Oskar (1)
Ludwig (1)
Johann (1)
Richard (1)
Eckhart (1)
Ewald (1)
Franz (1)
Anton (1)
Ferdinand (1)
Erich (1)
Erwin (1)
13
Hilde (1)
Elsabein (1)
Emilie (1)
Hedwig (1)
Lisette (1)
Paula (1)
Wilhelmine (1)
Klara (1)
Sophie (1)
Ernestine (1)
Elise (1)
Bertha (1)
Dora (1)



Man kann festhalten, dass man bei der Namensgebung der Mädchen wieder mehr Kreativität an den Tag gelegt hat. Bei ihnen habe ich 33 verschiedene Namen gefunden, bei den Jungs nur 28 (und wie schon erwähnt, die Jungs waren ja in der Mehrzahl). Und selbst dabei gab es noch ein Kind namens Franz Anton Ferdinand Otto - ohne den wären es nur 25 verschiedene Namen gewesen. 

Im Gegensatz zum Vorjahr gibt es aber wieder einen Johann und eine Elsabein. Das sind aber Einzelfälle.  

Überspitzt kann man sagen, dass der typische Wertheraner aus dem Geburtsjahrgang 1908 entweder Hermann Heinrich oder August Wilhelm hieß. Da wurden die Namen der Großväter immer noch ganz konsequent weitergegeben, wobei allerdings die Heinriche (Heinrichs? Was ist der Plural von "Heinrich"?) die Wilhelms an der Spitze der Liste abgelöst haben.

Bei den Mädchen traute man sich auch schon mal, vom üblichen Schema abzuweichen und Namen zu wählen, weil man sie schön fand. Der Trend zu Kurznamen hält aber an und kommt nun auch bei den Jungs durch: Fritz statt Friedrich. Auffällig finde ich aber auch, dass Paula und Pauline fast bzw. sogar ganz verschwunden sind (nur noch eine Paula; 1907 gab es noch fünf Paulas und dazu fünf Paulines). Auch Pauls gab es deutlich weniger als im Vorjahr (sechs im Vergleich zu elf). Ich bin schon gespannt, ob die im Jahr 1909 wiederkommen...

Ich werde es sehen - nächstes Jahr.

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