Montag, 8. Februar 2021

Der Beleg, dass man sich über Rechnungen auch freuen kann

In Werther scheint es sich inzwischen herumgesprochen zu haben, dass ich da so ein gewisses Faible für Familienforschung habe. Ab und an passiert es dann, dass jemand zu meiner Sammlung das eine oder andere Fundstück beitragen kann. 

Letzte Woche war das der Fall. Ich bekam ausnahmsweise mal zwei Rechnungen, über die ich mich wirklich von ganzem Herzen gefreut habe. Nicht nur, weil ich sie nicht selbst bezahlen muss, sondern auch, weil ich allen Ernstes zum ersten Mal die Unterschrift meines Großvaters Hermann Schwentker gesehen habe (jedenfalls, soweit ich mich erinnern kann). 

Die erste dieser beiden Rechnungen bringt uns zurück ins Jahr 1953. Damals gab es zwei Hermann Schwentkers, Vater und Sohn. Der eine, Hermann Heinrich, war mein Urgroßvater, und der andere, Hermann Peter Heinrich, war mein Großvater. 1953 lebte Uropa noch (er starb erst vier Jahre später, 1957), aber das Tagesgeschäft führte Grunde Opa Schwentker. Ich weiß gar nicht, ob die Firma zu Uropas Lebzeiten von ihm auf seinen Sohn umgeschrieben worden ist, so dass ich im Grunde gar nicht sagen kann, welcher Hermann im Briefkopf gemeint ist. Auf jeden Fall war es aber Hermann junior, der den erhaltenen Betrag quittiert hat. Mit Füller! 
Auf der Rückseite (ja, man sollte immer auch auf die Rückseiten gucken!) findet sich dann noch eine kurze Anmerkung, dass für neun Maurerstunden 22,55 DM abgezogen worden sind. Wäre Opa da ganz korrekt gewesen, dann hätte er vier Pfennig mehr abziehen müssen... sehen wir's ihm nach, vielleicht sind die vier Pfennig ja in der Kaffeekasse gelandet. Die Maurerstunde kostete 2,51 DM, ein Sack Zement immerhin 4,20 DM. 

Die zweite Rechnung bringt uns ins Jahr 1965. Hermann senior war schon acht Jahre tot, und auch Hermann junior sollte nur noch etwas mehr als ein Jahr zu leben haben. Inzwischen zog der Rechnungsempfänger (es war derselbe, der auch die erste Rechnung bekommen hat, aber ich habe den Namen hier unkenntlich gemacht) es augenscheinlich vor, größere Beträge per Überweisung zu bezahlen. Man kann es ihm nicht verdenken. Das ist aber nicht der einzige Unterschied: Nicht nur, dass der Sack Zement tatsächlich ganze 20 Pfennig billiger geworden war (er kostete jetzt nur noch 4,- DM), auch der Briefkopf hat sich verändert. Der jetzt etwas dicker gedruckte Hermann im Briefkopf war nun definitiv mein Opa, und die "Zementwarenfabrikation" war durch "Betonwarenfabrikation" ersetzt worden. Am Warenangebot als solchem dürfte sich aber wenig geändert haben; ich kann mich selbst noch daran erinnern, dass ich hinterm Haus in der Halle stundenlang dabei zugeguckt habe, wie die Stürze gegossen wurden. Aus dem "Fernsprecher Nr. 446" war der "Fernruf 446" geworden, und inzwischen reichte es wohl nicht mehr aus, nur die Bank anzugeben, wenn man Geld auf seinem Konto gebucht haben wollte. Außerdem hatte Werther inzwischen auch seine eigene Postleitzahl, die 4806. 

Alles in allem scheint die Buchhaltung damals aber noch einfacher gewesen zu sein als heute - es gab noch keine Umsatzsteuer (die kam erst zum 01.01.1968, und damals auch "nur" mit 10 Prozent), und mit fortlaufenden Rechnungsnummern musste man sich auch nicht herumschlagen. Das waren noch Zeiten...! 



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