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Freitag, 31. März 2023

Mein Lieblings-Grabstein

Meine Schwentkers haben keine Grabsteine. Weder meine Urgroßeltern, noch meine Großeltern, und auch mein Vater nicht. Das wird sich auch nicht ändern. 

Die Ironie ist, dass unser "Familiengrab", wenn man es denn so nennen will, auf dem Wertheraner Friedhof direkt am Hauptweg liegt, im Grunde nur einen Steinwurf von der Kapelle entfernt. Soll heißen: Die meisten Beerdigungszüge müssen an den Schwentkers vorbei. Und das ist auch der Grund für den fehlenden Grabstein: 

"So macht man keine Werbung." 

Immerhin waren meine Schwentkers drei Generationen lang als Maurermeister mit einem Baugeschäft selbstständig. Ich bin mir sicher, dass es Leute gibt, die diese "Marketing-Chance" genutzt hätten. Aber eben nicht bei den Schwentkers. Und ich find's richtig. 

Die andere Ironie ist, dass ich trotz dieses "fehlenden" Grabsteins tatsächlich einen Lieblings-Grabstein habe, auch wenn das morbide klingt. Dieser Grabstein hat mich einfach sprachlos gemacht, als ich ihn vor ungefähr 20 Jahren zum ersten Mal gesehen habe. Er steht auch nicht auf dem Wertheraner Friedhof, nein, noch nicht einmal auf einem klassischen Friedhof: Es handelt sich um eins der Waldbegräbnisse hier in Halle

Diese Waldbegräbnisse entstanden ab 1811, und im Grunde ist hier die Haller Oberschicht begraben. Also diejenigen, die in der Stadt etwas zu sagen hatten, sei es als Bürgermeister oder als Kaufleute. Der Haller Friedhof um die Kirche herum war damals so überbelegt, dass man mit langen Stöcken stochern musste, um noch ein Plätzchen für den frisch Verblichenen zu finden, also wich man an den Hang des Teutoburger Waldes aus, wenn man es sich denn leisten konnte. Während man den Haller Kirchplatz nicht mehr als Friedhof erkennen kann (wer ganz genau hinguckt, der merkt, dass er ein klein wenig höher liegt als die Straßen drum herum...), sind die Waldbegräbnisse noch erhalten. 

Der Grabstein, den ich meine, befindet sich am Lotteberg und gehört zu Helene Charlotte Potthoff (geb. Brinkmann). Ich habe sowohl Potthoffs als auch Brinkmanns in meinem Stammbaum, aber eine Verbindung zu ihr habe ich zugegebenerweise noch nicht gefinden. Helene Charlotte hat von 1795 bis 1828 gelebt; sie ist drei Tage nach ihrem 33. Geburtstag gestorben. Geheiratet hat sie aber schon sehr früh, mit sechzehn, und die Inschrift auf dem Stein lautet dann auch: 

"16 kurze Jahre warst du geliebtes Weib mein Glück und meine Ehre." 

Wow.  

Außendarstellung hin oder her (auch damals sagten Grabsteine schließlich etwas aus, wahrscheinlich sogar noch mehr als heute): Das hätte man auch schlichter schreiben können. "Mein Glück und meine Ehre". "16 kurze Jahre". Viele Ehen, damals wie heute, dauern noch nicht einmal halb so lange. Aber die Zeit fliegt ja, wenn man glücklich ist. Mir ist schon klar, dass man damals nicht primär aus Liebe heiratete, aber vielleicht... da schlägt tatsächlich die ansonsten gut versteckte Romantikerin in mir durch. 

Wer sich diesen Grabstein einmal angucken möchte, der muss sich noch nicht einmal selbst an den Lotteberg begeben, denn wir leben ja schließlich nicht mehr im 19. Jahrhundert. Man kann ihn sich im Netz angucken, und zwar 

hier. 

Die Grabsteine sind nämlich im Rahmen des Grabstein-Projekts der CompGen katalogisiert und ins Netz gestellt worden. Betreuender Verein in diesem Fall ist die AG Familienforschung Kreis Herford.  

Trotzdem, die Waldbegräbnisse sind einen Spaziergang wert. Die Haller Zeiträume haben einen Geschichtspfad eingerichtet, den ich durchaus empfehlen kann...  

Bin ich eigentlich merkwürdig, weil ich einen Lieblings-Grabstein habe?!

 

Samstag, 12. November 2022

Heinrich Gehring und sein merkwürdiger Orden

 
Das hier soll mein Urgroßonkel, Heinrich Gehring sein. Mit vollem Namen Heinrich Wilhelm Gehring, geboren am 09.02.1886 in Häger Nr. 33. 

Er war der jüngste Sohn (und gleichzeitig auch das letzte Kind) seiner Eltern, des Müllers Johann Friedrich Gehring und seiner Ehefrau Anna Ilsabein Sahrhage. Wenn es nach dem westfälischen Anerbenrecht gegangen wäre, dann wäre er derjenige gewesen, der Haus, Hof und Mühle übernommen hätte. 

Es kam aber anders: Sein sechs Jahre älterer Bruder August übernahm die Mühle, und Heinrich ging als Kaufmann nach Köln. Ich habe keine Ahnung, wie es dazu kam und wann genau Heinrich in Köln seßhaft wurde. Was ich weiß ist, dass er dort 1919 Anna Christiane Wilhelmine Faillard geheiratet hat. 

Das hier ist das einzige Foto, das ich von ihm habe. Eine Ähnlichkeit mit August, der immer irgendwie runder und bodenständiger wirkte, sehe ich jetzt so nicht. Ich weiß, man soll nicht vom Aussehen auf den Charakter schließen, aber spontan würde ich sagen, dass August in Häger und Heinrich in Köln schon jeweils ganz gut aufgehoben waren. 

Ich würde gerne noch mehr über Heinrich wissen. Zum Beispiel: 

Ist das Kreuz, das er sich da so fotowirksam an die Brust geheftet hat, ein Bundesverdienstkreuz?! 

Von der reinen Form her kann es hinkommen, aber ich kann das Foto beim besten Willen nicht so weit vergrößern, dass ich erkennen könnte, ob sich auf dem runden Teil in der Mitte ein Bundesadler befindet... 

Also habe ich es mit klassischer Online-Recherche versucht. Und dabei habe ich im Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen vom 1. April 1965 das hier gefunden: 


Der achte von oben. "Heinrich Gehring, Handelsrichter, Köln" hat am 01.12.1964 das Verdienstkreuz 1. Klasse erhalten. 

Könnte das "mein" Heinrich sein? 

  • Heinrich war ja Kaufmann, aber das bedeutet nicht, dass er nicht auch Handelsrichter gewesen sein kann. An den Landgerichten sind spezielle Kammern für Handelssachen eingerichtet, und die sind mit einem vorsitzenden Berufsrichter und zwei ehrenamtlichen Richtern, eben den Handelsrichtern, besetzt. Diese Handelsrichter müssen entweder Kaufmänner sein oder eine geschäftsführende Tätigkeit in einer Kapitalgesellschaft aufweisen können. Demnach wäre es zumindest schon mal kein Widerspruch, wenn der Kaufmann Heinrich einen Verdienstorden als Handelsrichter bekommen hätte. 
  • Vom Alter würde es auch hinkommen - Heinrich war 1964 78 Jahre alt. Wenn ich mir das Foto so angucke, dann könnte er da durchaus so alt sein. 
  • Wikipedia verrät mir, dass das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse ein Stecker ist, der an der linken Brust getragen wird. Check. 
  • Wenn eine Verleihung des Bundesverdienstkreuzes wäre 1964 bestimmt ein Grund gewesen, sich so in Schale zu werfen.  

Das reicht aber nicht, um mit Bestimmtheit zu sagen, ob die beiden Heinriche ein und dieselbe Person sind. 

Was nun? 

Man sollte ja meinen, dass eine solche Ehrung zumindest in der Lokalzeitung stand, aber da stoße ich auf ein echtes Problem: Die Zeitungen von 1964 sind noch zu jung, um sie bei zeitpunkt.nrw zu finden, aber gleichzeitig zu alt, als dass man sie bei den heutigen Tageszeitungen im Archiv online abrufen könnte. Na toll. 

Also bleibt nur die Papierversion. Aber soll ich einfach mal so auf gut Glück nach Köln fahren und im Stadtarchiv nach Tageszeitungen suchen? 

Wenn jemandem eine Alternative dazu einfällt, gerne. Wer weiß noch, an wen in den 1960ern Bundesverdienstkreuze verliehen wurden, und warum? Das Bundespräsidialamt? Die Ordenskanzlei dort müsste es eigentlich wissen. Ob mal eine E-Mail nach Berlin schreibe? Irgendwie bin ich ja jetzt angefixt...