Dienstag, 22. Juni 2021

Ach, wenn es doch so einfach wäre...

Täusche ich mich, oder sehe ich in der letzten Zeit vermehrt Werbung für Ahnenforschungsportale im Fernsehen? Nicht unbedingt in den Halbzeitpausen beim Fußball (ja, ich gucke Fußball, sehr gerne sogar), aber auf anderen Sendern. Ständig höre ich Sätze wie "Familienforschung leicht gemacht..."

Mal im Ernst - wenn es so einfach wäre, dann würden nicht jahrelang über unseren Forschungen brüten. Deswegen ärgert es mich, wenn suggeriert wird, dass man schwupp-di-wupp mit ein paar Klicks die gesammelte Familiengeschichte an einem Tag aufrollen könnte. Nein, das kann man nicht. Ich will ja nun niemandem seine Illusionen rauben (oder vielleicht doch?), aber wer das glaubt, der glaubt auch, dass man innerhalb von zwei Wochen ohne zu hungern dauerhaft zwanzig Kilo abnehmen könne oder dass es bei der Fußball-EM einzig und allein um Fußball ginge. 

Es ist völlig okay, wenn man erstmal nur ein bisschen in die eigene Familiengeschichte hineinschnuppern will. Wer aber nur die Stammbäume anderer Leute abschreibt, der forscht nicht. Der schreibt einfach nur ab. Und das ist auch in Ordnung, solange man es nicht als eigene Forschung hinstellt. 

Ich habe auch nichts dagegen, wenn jemand meine Daten abpinnt, im Gegenteil. Im Gegenzug bin ich auch heilfroh, wenn mir jemand einen Hinweis gibt, wo ich vielleicht etwas finden kann, das ich schon lange gesucht habe. Ich bilde mir auch ein, einigermaßen einschätzen zu können, welche Quellen seriös sind und welche ich besser nochmal selbst überprüfe, und das mache ich im Zweifel auch.  

Was mich an solchen "Leicht-gemacht"-Angeboten ärgert, ist die Suggestion, dass man alles auf dem Silbertablett serviert bekäme. Dass es völlig unwichtig sei, ob man die Kurrentschrift lesen kann oder nicht. Dass man kein Archiv heimsuchen oder stundenlang in Kirchenbüchern nach einem Sterbeeintrag suchen muss, nur um ihn dann da zu finden, wo man ihn nie vermutet hätte. Dass es völlig unnötig sei, sich auch nur ansatzweise mit dem geschichtlichen Hintergrund auseinanderzusetzen, vor dem sich unsere Familiengeschichte abgespielt hat. 

Und gerade das ist es doch, das die Forschung so interessant macht, oder?


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Wer etwas ergänzen möchte, kann das hier gerne tun: