Mittwoch, 2. Juni 2021

Wenn Sterbeeinträge aufs Gemüt schlagen (Sterben in den 1950ern, Teil 1)

Wenn ich mir Sterbeeinträge aus den 1950ern vornehme, dann merke ich richtig, dass mir das auf die Stimmung schlägt. Nicht nur, weil ich ständig neue Dateien anlegen muss, weil seit 1945 einfach viele neue Familien (oder das, was noch von ihnen übrig geblieben ist) in Werther aufgetaucht sind, sondern wegen der Todesursachen

Ich meine dabei noch nicht einmal die derjenigen, die im Krieg geblieben sind, auf dem "Rücktransport von der Krim in die Heimat" verstorben oder in irgendeinem russischen Lager an Unterernährung verreckt sind. So schlimm das alles auch ist (und das ist es), das waren eben die Folgen des Krieges (ob die Menschheit daraus was gelernt hat, wird sich zeigen). Ich bin 1973 geboren und damit in einer Zeit aufgewachsen, als die Spuren des Zweiten Krieges in meinem direkten Umfeld nicht mehr offensichtlich waren, zumindest für mich als Kind nicht. Jemand, der zum Beispiel in Berlin oder Dresden aufgewachsen ist, könnte das durchaus anders sehen. Diese Todesursachen sind gefühlt weit weg und haben nichts mit mir direkt zu tun. 

Nein, ich meine die Todesursachen, die mit der Zeit immer genauer diagnostiziert werden konnten. Diverse Herz-Kreislauf-Erkrankungen zum Beispiel. Während "früher" die Leute an "Schlagfluss" oder einem "Herzleiden" gestorben sind, sind es plötzlich Aneurysmen und dekompensierte Herzklappenfehler. Am schlimmsten finde ich aber, dass nun auf einmal auch da steht, welche Art von Krebs die Leute hatten und wohin er schon gestreut hatte. Und das steht bei erschreckend vielen Menschen da. 

Sprich: Es könnte heute genauso gut da stehen. Bei meinen Lieblingsmenschen oder auch bei mir. Die "früheren" Todesursachen sind praktisch verschwunden. Wer stirbt heute schon noch an Auszehrung, Frieseln, Kinderschrecken, Pocken oder Schwindsucht? Keiner, zumindest hier nicht. Da guckt man mit einer gewissen Distanz drauf. Aber Herzinfarkte, Schlaganfälle und die unzähligen Arten von Karzinomen? Da guckt man drauf und fühlt die Einschläge unweigerlich näherkommen. 

Und man freut sich über jeden, der einfach nur nach einem langen und hoffentlich erfüllten Leben an Altersschwäche gestorben ist. 


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