Elli Hauffe war meine Großtante. Ich weiß gar nicht, ob ich sie hier im Blog schon einmal erähnt habe. Sie war die jüngste Schwester meiner Großmutter Martha; ihre Eltern waren Willy und Lina Hauffe.
Als Elli am 9. April 1931 geboren wurde, war Martha schon zwölf Jahre alt. An Ellis standesamtlichen Geburtseintrag komme ich leider nicht heran, weil sie von mir aus gesehen ja "nur" eine Verwandte in der Seitenlinie ist, aber ich weiß, dass sie in Halle-Oldendorf geboren wurde. Damals hat die Familie noch bei meinen Ururgroßeltern Wilhelm und Minna Ortmeyer gewohnt; demnach war es Oldendorf Nr. 61. Ich würde ja wirklich gerne wissen, weshalb ihre Eltern sie nicht "Elisabeth" genannt haben, denn tatsächlich habe ich sie bisher nur als "Elli" gefunden. "Elli" klingt so unförmlich, so locker - und deshalb vielleicht auch wie ein Wunschkind. Ob sie das tatsächlich war, weiß ich natürlich nicht.
Von allen (lebend geborenen) Geschwistern meiner Großmutter habe ich Fotos. Von Elli nicht. Das dürfte daran liegen, dass sie nur drei Jahre alt geworden ist.
Hier ist ihr Sterbeeintrag:
Diphterie. Das, was man in den Generationen davor noch als "Halsbräune" oder einfach nur als "Bräune" bezeichnet hat. Wikipedia nennt als Symptome:
- Bei lokalisierten Diphtherien (Mandel- und Rachendiphtherie) treten zu Beginn Angeschlagenheit, Übelkeit und Schluckschmerzen auf, häufig verbunden mit Bauch- und Gliederschmerzen; Erbrechen ist eher selten. Zunehmendes Fieber. An den Mandeln entwickelt sich ein gelblich-weißer Belag. Dieser kann sich schnell im ganzen Rachenraum ausbreiten. Ein faulig-süßlicher Geruch ist meist auch vorhanden.
- Die Nasendiphtherie tritt bevorzugt bei Säuglingen und Kleinkindern auf, verbunden mit behinderter Nasenatmung, Unruhe und gestörter Nahrungsaufnahme. Seröser oder eitrig-blutiger Schnupfen tritt auf, häufig verbunden mit Gewebszerstörung und Krustenbildung am Naseneingang.
- Als Ersterkrankung tritt die Kehlkopfdiphtherie meist im Gefolge der Rachendiphtherie auf. Symptomatisch sind bellender Husten, zunehmende Heiserkeit und Stimmlosigkeit (Aphonie), zusammengefasst als Echter Krupp. Das Einatmen ist erschwert und mit Pfeifgeräuschen (Stridor) verbunden.
- Seltenere Diphtherieformen sind die Hautdiphtherie mit Geschwüren und Verletzungen sowie die Bindehautdiphtherie mit blutig-wässriger Absonderung und Membranbildung und häufiger Hornhautbeteiligung.
- Im fortgeschrittenen Stadium der Diphtherie weitet sich die Membranbildung rasch und intensiv auf Mandeln, Gaumen, Gaumenzäpfchen und Nasenschleimhaut aus; lokale Lymphknotenschwellungen treten auf.
Klingt nach nichts, das man haben möchte. Erst recht nicht zu Weihnachten. Aber genau damit bekam es Familie Hauffe im Dezember 1934 zu tun. Inzwischen wohnten sie an der Langen Straße, also der jetzt ehemaligen B68, im Haus Nr. 7. Das muss neben dem jetzigen Tedi-Markt gewesen sein, falls sich die Hausnummern seitdem nicht geändert haben.
Ich kann mir nur ungefähr vorstellen, wie es im dieser Zeit für Willy und Lina gewesen sein muss. Immerhin hatten sie zu dem Zeitpunkt schon fünf Kinder im Alter zwischen drei und zwölf Jahren im Haus, und Lina war mit dem nächsten im 6. Monat schwanger. Da gab es bestimmt die Angst, dass sich die anderen Kinder auch ansteckten. Und was war, wenn sich Lina ansteckte? Hat man Lina überhaupt erlaubt, sich um Elli zu kümmern, und wie stark musste Martha in die Bresche springen? Sie war ja immerhin "schon" 15 Jahre alt.
An Weihnachten muss es Elli immer schlechter gegangen sein. Jedenfalls so schlimm, dass man sich irgendwann nicht mehr zu Hause um sie kümmern konnte.
Elli starb am 2. Weihnachtstag im Haller Krankenhaus, morgens um halb sieben. Drei Tage später, am 29.12.1934, wurde sie in Halle beerdigt.
(Es ist irgendwie merkwürdig, jetzt hier zu sitzen und diesen Text zu schreiben. Man muss ja noch nicht einmal nach draußen gehen, es reicht, wenn man die Zeitung aufschlägt oder sich nur mal kurz online die Nachrichten anguckt: Überall ist von Erkältungs- und Atemwegserkrankungen und von Viren die Rede, die im Moment so "erfolgreich" sind, dass die Krankenhäuser übervoll sind und die Leute Probleme haben, nicht nur für sich, sondern auch für ihre Kinder(!) einen Termin beim Arzt oder - wenn nötig - ein Bett im Krankenhaus zu bekommen. Unser Gesundheitssystem ist mit Sicherheit nicht perfekt, und eigentlich wissen wir auch ziemlich genau, woran es hapert. Es ist aber nun einmal ziemlich mühsam, die Fehler zu beheben. Trotzdem - im Vergleich zu 1934...)
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