Vor ein paar Jahren habe ich hier mal über mein liebstes und am meisten gebrauchtes Erbstück geschrieben: Den Papierkorb meines Großvaters. Der steht auch heute noch in meinem Büro und leistet mir gute Dienste.
Eine Etage weiter oben im Haus steht noch ein anderes Exemplar, nichts besonderes, einer von Ikea, wie er wahrscheinlich in Millionen deutscher Haushalte rumsteht. In diesem Papierkorb enden dann die Blätter mit meinen handschriftlichen Notizen für Werthers Gedächtnis, sobald ich sie in eine digitale Form gebracht habe.
Zumindest sollte das so sein.
Am Wochenende hat mir der Familienforschungsmuffel beinahe einen Strich durch die Rechnung gemacht.
Mir war ein Stapel mit noch unbearbeitenden Blättern runtergefallen. So ungefähr 40 oder 50 Blatt. Auf den Boden, und natürlich genau an die einzige Stelle in unserem relativ kleinen Wohnzimmer, an die man nicht ganz so einfach dran kommt. Okay, präziser: an die ich mit meinen kurzen Armen nicht drankomme, ohne ein paar Möbel zu verschieben, wenn der Familienforschungsmuffel auf dem anderen Sofa sitzt. Und genau da saß er gerade. In einem Anfall von Faulheit habe ich diesen Stapel Blätter stumpf liegengelassen. Ach, kümmere ich mich später drum...
Am nächsten Tag gucke ich und stelle fest: Da, wo der Blätterstapel lag, sehe ich nur noch - Fußboden! Der Papierkorb? Leer!
Kurzer Moment der Panik.
Frage an den Familienforschungsmuffel: "Sag' mal, hast Du vielleicht...?"
Hatte er.
Er hatte in einem ungewohnten Anfall von Ordnungsliebe ausgerechnet meinen Stapel mit den runtergefallenen Papieren zusammen mit dem Inhalt des Papierkorbs in unsere Papiertonne verbracht. Und das, obwohl der Papierkorb noch nicht mal annähernd voll war. Ich glaube, er hatte Langeweile.
Ein paar Minuten später fand ich mich also mit meinen kurzen Armen in der großen Papiertonne wühlen. Dumpster-Diving, wie man im Englischen so schön sagt. Ungefähr auf der Hälfte der Tonne habe ich meinen gesuchten Stapel dann gefunden. Sogar noch in der richtigen Reihenfolge.
Wenn diese Notizen bei der nächsten Abfahrt noch in der Tonne gewesen wären, dann hätte ich ein echtes Problem gehabt. Ich hätte nämlich gewusst, dass ich da eine riesige Lücke habe, aber ich hätte nicht genau genau gewusst, was genau in der Lücke fehlte, es sei denn, ich wäre diverse Jahrgänge von Kirchenbüchern, Sterbe- und Geburtsregistern nochmal durchgegangen. Und das hätte mich nicht nur Zeit gekostet, sondern auch einiges an Nerven.
Glück gehabt.
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