Vortrag von Bernd Klumpe-Scheel beim Historischen Verein für die Grafschaft Ravensberg (AG Genealogie) am 08.05.18
Das ist ein Thema, das augenscheinlich viele Familienforscher beschäftigt, denn trotz herrlichstem Grill- und Sommerwetter in einer Woche mit Feiertag waren von uns gleich mehrere Dutzend erschienen. Also: Wie kann man dem eigenen Stammbaum noch ein paar Namen und Daten hinzufügen, wenn man kein Kirchenbuch zur Hand hat, zum Beispiel, weil es irgendwann in den letzten 300 Jahren verbrannt ist?
Um es gleich vorwegzunehmen: Ja, es kann gehen, wenn auch nicht immer. Es ist nur - und das ist der große Haken! - mit Arbeit verbunden. Das Zauberwort heißt also "suchen, suchen, und nochmals suchen".
Das bedeutet aber auch, dass man sich erst einmal kundig machen sollte, welche Quellen es denn überhaupt noch gibt, was wiederum voraussetzt, dass man eine Ahnung davon hat, welche Arten von Quellen überhaupt existiert haben. Und an dieser Stelle setzte der Vortrag an: Warum führte man als Feudalherr diese und jene Liste? Ganz einfach: Um sein Vermögen zu verwalten und wenn möglich auch zu vermehren. Machen wir uns nichts vor: Zu Zeiten der Eigenbehörigkeit stellten auch die Eigenbehörigen mit ihrer Arbeitskraft und den Abgaben, die sie zu zahlen hatten, einen Wert dar, den man möglichst ausschöpfen wollte. Warum führten Behörden Verzeichnisse? Um Steuern und Abgaben zu erheben. Und auch damals schon hatte man als "Verwalteter" Gebühren für diverse Eintragungen zu bezahlen. Manche Dinge scheinen sich seit einem halben Jahrtausend nicht geändert zu haben...
Ein paar Quellen, die Herr Klumpe-Scheel aufzählte, waren die offensichtlichen, also zum Beispiel das Grundbuch und seine kleine Schwester, die Grundakte. Diese Grundakten sind im Grunde Wundertüten - man weiß nie genau, was einen erwartet, bis man nicht selbst mal reingeguckt hat. Neben den Aufzeichnungen über die einzelnen Parzellen kann man darin nämlich beispielsweise auch Testamente finden, seien es die Originale, seien es die Abschriften, und in Testamenten sind ja meistens die einzelnen Familienangehörigen bedacht (oder eben auch nicht) und vor allem auch namentlich benannt.
Bei den Akten der Feudalherren finden sich verschiedene Register, die allerdings meist chronologisch geordnet sind, so dass man unter Umständen Hunderte von Seiten durchgucken muss, um den einen entscheidenden Eintrag zu finden, der einen dann doch noch weiterbringt. In den Staatsarchiven findet man die Wechselbücher und Wechselzettel, die veranschaulichen, wie im Falle einer Heirat eines Eigenbehörigen mit dem Eigenbehörigen eines anderen Herren die Eigenbehörigen ausgetauscht, also "verwechselt" wurden, damit der Bestand gleich blieb. Da ist dann meist die Zuordnung der einzelnen Personen zu einem bestimmten Hof das Problem.
Quellen, die einen auch noch weiterbringen können, die aber nicht so bekannt sind, sind zum Beispiel die "Kinderbücher". Die haben nun nichts mit dem heutigen Begriff zu tun, denn es handelt sich nicht um Bücher für Kinder, sondern um Bücher über Kinder. Oben wurden die Eltern aufgelistet, und darunter die Kinder, oft mit einem Vermerk, was aus ihnen wurde (also ob sie starben oder ob sie an jemanden verwechselt wurden). Das war der Moment, in dem ich für mich dachte, "Hmmm - Werthers Gedächtnis ist im Grunde auch so aufgebaut...!"
Der Vortrag endete mit einem Überblick dessen, was man denn mit dieser Flut von gesammelten Daten anstellen kann. Man kann sie in seinem stillen Kämmerlein aufbewahren und auf Anfrage herausrücken (das ist im Moment das, was ich mache). Man kann sie in einem Buch verewigen, ganz klassisch. Oder man kann sie ins Netz stellen - und das ist genau das, was bei Herrn Klumpe-Scheel folgen wird: Die Homepage RavensbergerHöfe.de ist schon reserviert, nur die technische Umsetzung gestaltet sich aufgrund der schieren Datenmenge recht schwierig. In ungefähr sechs Wochen soll es aber laut jetzigem Stand soweit sein - und darauf freue ich mich jetzt schon! Ich verspreche hoch und heilig, dass ich zu den regelmäßigen Nutzern gehören werde... ;-)))
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